Skorbut – Paradefall für die richtige Ernährung
Erstellt von r.ehlers am Donnerstag 20. Februar 2014
Einer der spektakulärsten Fälle der ganzen Medizingeschichte ist der Fall von Skorbut. Es sind drei Phasen der Historie zu unterscheiden:
- die Entdeckung der fürchterlichen Krankheit,
- das Jahrhunderte andauernde Leiden und Sterben von Millionen früher Seefahrer
- und die viel zu späte Entdeckung ihrer Heilung.
Es gehört heute zum Allgemeinwissen, dass der Skorbut eine Vitaminmangelerkrankung ist, die bei anhaltendem Fehlen von Vitamin C nach zwei bis vier Monaten auftritt.
Es ist nicht nur sehr interessant, einmal die Historie dieser Krankheit kennenzulernen. An ihrem Beispiel werden Zusammenhänge deutlich, die auch heute noch eine große Relevanz für unsere gesunde Ernährung haben.
Zwei Dinge mussten zusammenkommen, damit die Menschheit überhaupt diese schreckliche Krankheit kennenlernen konnte:
- Das ist zu einen das Aufkommen der monatelangen Seereisen der frühen spanischen, portugiesischen, englischen und holländischen Seefahrer auf dem Seeweg nach Indien.
- Hinzukommen musste das Unwissen der Seefahrer darüber, wie sie sich richtig ernähren müssen.
Die Polynesier, die die sich Tausend und mehr Jahre vor den Europäern in monatelangen Fahrten die ganze Inselwelt des Pazifik erschlossen hatten, nahmen ihre Vitamin C-haltigen Taro, Brotfrucht, Süßkartoffel, Bananen und Kokosnüsse überall mit hin. Von ihrem Doppelrumpfbooten aus konnten sie auch bequem Vitamin C-reichen Fisch fischen und angeln, was von den schwerfälligen europäischen Seglern aus nur auf Reede, also am Liegeplatz, möglich war. Hätten sich die Europäer auf ihren frühen Seereisen auch so ernährt wie die Polynesier, wüssten wir vielleicht heute noch nichts von den schweren gesundheitlichen Folgen der Unterversorgung mit Vitamin C.
Der Autor Peter Durrmüller beschreibt auf http://www.logos.li/2009/02/skorbut-und-die-ernahrung-der-matrosen.html sehr anschaulich, wie erbärmlich die Versorgung der frühen Seefahrer wirklich war:
„Allgegenwärtig war getrocknetes Brot in der Form von Biskuit und Schiffszwieback, das noch an Land aus Weizenmehl gebacken und im trockensten Teil des Schiffes verstaut worden war. Auf langen Fahrten wurde es trotzdem immer madig und schimmlig. … das Biskuit (wurde) in der Hitze und Feuchtigkeit so wurmstichig, dass viele Matrosen auf die Dunkelheit warteten, um daraus einen Brei zu fertigen, weil sie die Maden nicht mehr sehen konnten. Erleichterung schafften die Vorräte aus salzigem Mehl, das man mit Wasser zu Rollen knetete und in den Aschen des Feuers buk.“
Durrmüller beschreibt auch, wie in Ansätzen immer wieder mal der eine oder der andere herausfand, dass frische pflanzliche Nahrung dem Skorbut vorbeugte, dass dieses Wissen aber nicht kommuniziert und immer wieder vergessen wurde.
Die Symptome des Skorbut treten erst nach Monaten auf, u.a. Zahnfleischbluten, Zahnfleischschwund, Zahnausfall, Müdigkeit, Erkältungsanfälligkeit, nicht heilende Wunden, Hautblutungen, Muskelschwund, Knochenschmerzen, Gelenkentzündungen, Durchfall, Fieber, Herzschwäche und Tod. Natürlich kam zugleich die ganze Palette der psychischen Störungen (Depressionen etc.) auf, weil nicht ausreichend Serotonin und die anderen Botenstoffe gebildet wurden. Vitamin C ist ja ein wichtiger Baustein zur Synthese von Serotonin.
-blog.bauerbela.ro-
Erst nachdem der britische Schiffsarzt James Lind im Jahre 1747 mit der ersten Blindstudie der Welt den gesicherten Nachweis erbracht hatte, dass allein die Verfügung über Vitamin C den Skorbut vollständig fern hielt, gaben alle Reeder der Welt den Seeleuten frische vitaminhaltige Nahrung mit auf die Reise.
Fast hundert Jahre davor, nämlich 1664, wusste die englische East India Company praktisch schon Bescheid, weil sie erfahren hatte, dass ein holländisches Schiff mit einer Ladung Zitrusfrüchte nach einer viele Monate dauerenden Reise mit einer rundum gesunden Mannschaft in seinem Heimathafen angekommen war. Ein namentlich nicht bekannter Arzt in Diensten der East India Company ordnete daraufhin an, dass jedem Seemann auf den Schiffen seiner Reederei täglich drei Löffel Limonensaft verabreicht wurden. Diese Gewohnheit trug den englischen Seeleuten später den Spitznamen „Limeys“ ein. Andere Reeder hörten entweder von den neuen Erkenntnissen nichts oder glaubten nicht an sie. Auf ihren Schiffen wurde an die hundert Jahre länger an Skorbut gelitten und gestorben.
Und was war die große wissenschaftliche Tat von James Lind?
Lind glaubte, dass Skorbut eine Folge von Fäulnis im Körper sei, was durch Säuren verhindert werden könne. Deswegen experimentierte er vor allem mit säurehaltigen Nahrungszusätzen. Für seinen Versuch teilte er zwölf an Skorbut erkrankte Matrosen in sechs Gruppen ein. Alle erhielten dieselbe Diät und die erste Gruppe außerdem ein Quart (ca. 1 l) Apfelwein am Tag. Gruppe zwei nahm 25 Tropfen Schwefelsäure ein, Gruppe drei sechs Löffel Essig, Gruppe vier ein halbes Pint (ca. ¼ l) Seewasser, Gruppe fünf zwei Apfelsinen und eine Zitrone täglich und die letzte Gruppe eine Gewürzpaste und Gerstenwasser. Die Behandlung von Gruppe fünf musste abgebrochen werden, als nach sechs Tagen die Früchte ausgingen, aber zu diesem Zeitpunkt war einer der Matrosen bereits wieder dienstfähig und der andere beinahe erholt. Bei den übrigen Versuchsteilnehmern zeigte sich nur in der ersten Gruppe ein gewisser Effekt der Behandlung.
-de.wikipedia.org-
Wenn Sie sich heutige Studien ansehen, die die Wirkungen von Arzneimitteln oder auch Nahrungsergänzungsmitteln oder Lebensmitteln ansehen, werden Sie eher annehmen, dass das Studiendesign der heute üblichen randomisierten kontrollierten Studien keineswegs besser geworden ist.
Unabhängig davon haben das vor Linds Studie immer wieder erfolgte Aufflackern des Wissens darum, dass frische Nahrung den Skorbut fern hält und die eindeutige Erfahrung der East India Company gezeigt, dass es eigentlich einer solchen Studie gar nicht bedurft gehabe hätte, wenn man nur allgemein mit offenen Augen an das Problem herangegangen wäre.
Wir sind heute wieder in der Situation, dass viele segensreiche Wirkungen der richtigen Ernährung genau bekannt sind, dass aber gerade die Hersteller und Verkäufer der hierfür einzusetzenden Lebensmittel nach der Health Claims Verordnung nicht über die Wirkungen reden dürfen, bis in solchen formalisierten Studien ( „Goldstandard“) der Eintritt der Wirkungen hinreichend wissenschaftlich gesichert ist. Bestes Beispiel ist die native Kost (Aminas Vitalkost) mit ihren weitreichenden Wirkungen.