Seiteneinsteiger / Quereinsteiger
Erstellt von r.ehlers am Donnerstag 10. April 2014
Nachfolgend verbreite ich mich ein wenig über das Phänomendes Einstiegs von Menschen wie mir, die aus einer fremden Sparte/ Branche in ein neues Betätigungsfeld wechseln, „ohne die für diesen Beruf/Branche sonst allgemein übliche ‚klassische# Berufsausbildung/Studium absolviert zu haben“ (Definition von Wikipedia).
Ich selbst war nach der Schule zunächst angelernter Bankkassierer und Minenarbeiter in Kanada, bis ich in Österreich und in Deutschland Jura studierte und Jahre in Wissenschaft und Lehre an der Ruhr-Universität Bochum und Lehrbeauftragter für Völkerrecht beim Auswärtigen Amt in Bonn verbrachte, bis ich erst in einer Anstellung und dann in eigener Praxis über Jahrzehnte als Rechtsanwalt, Rechtsanwalt und Notar, als (Nur-)Notar (in Sachsen) und als Rechtsanwalt (wieder im Westen) und Unternehmensberater arbeitete – um mich dann ab dem Jahre 2000 ganz auf die Forschung und Entwicklung der nativen Kost zu verlegen und über die richtige Ernährung zu forschen und zu schreiben.
Solcher Fachwechsel hat viele Wirkungen, die als Objekt der Forschung erst zum Teil ergründet sind. Der wichtigste Effekt dieses Phanomens für die Gesellschaft ist der Gewinn an Kreativität, der sich aus dem besonderen Engagement der Neulinge in den ihnen zunächst fremden Bereichen speist und daraus, dass sie die alten Probleme des Fachs aus ganz neuen Blickwinkeln betrachten.
Es ist aber nicht so, dass die Gesellschaft und die einzelnen Bürger immer viel von solchen Seiten- oder Quereinstiegen hielten.
Gestatten Sie mir bitte vorab eine kleine Anekdote zu erzählen:
Da ich selbst mich ja seit der Beendigung meines ausgedehnten Besuches meiner Schwester in Kanada ab 1962 ganz auf die Rechtswissenschaft gestürzt hatte und dann ganz brav die üblichen Wege gegangen war, hatte ich mich mit den Fragen des Sinns des Wechsels von Betätigungsfeldern nie befasst. So war ich außerordentlich überrascht, als ich auf einer Elternversammlung erfuhr, dass einige Eltern die Entlassung des Mathematiklehrers meines Sohnes Andreas deshalb forderten ,weil dieser nach ihrer Meinung fachlich nicht gut genug ausgebildet sei. Als ich das in Zweifel zog, fragte mich ein anwesender Fabrikant, Vater einer Klasssenkameradin meines Sohnes, mit hochgezogener Augenbraue, ob ich denn gar nicht wüsste, woher dieser Lehrer käme? Als mir dazu nichts einfiel und ich sagte, das sei doch egal, gab er mir die Antwort: Vom zweiten Bildungsweg!
Mein damals bester Freund, Harald, war auch ein Lehrer, der zunächst kein Abitur gemacht hatte und Werkzeugmacher werden sollte. Als er aber feststellte, dass er „zwei linke Hände“ hatte, aber jede Menge geistiger Interessen, machte er neben seiner Ausbildung auf dem zweiten Bildungsweg sein Abitur und wurde Lehrer. In tausend Gesprächen, die wir damals zusamen und im großen Freundeskreis führten, stellte ich immer wieder fest, dass er in fast allen von meiner Schule abgedeckten Fächern viel mehr wusste und verstand als ich und alle, die zielstrebig von der Schule zur Hochschule und in einen Folgeberuf durchmarschiert waren. Besonders auffällig war, dass er Fragen stellte, die ich in der Schule nie gehört hatte.
Nicht nur im privaten Umfeld, auch in der ganzen deutschen Gesellschaft werden Seiteneinsteiger und Umsteiger eher abschätzig beurteilt und behandelt. Das ist nicht naturgemäß so. In Ländern wie Australien und Neuseeland sind die sog. Career Changer in fast allen Unternehmensbereichen anzutreffen. Dort setzt die staatliche Arbeitsverwaltung sogar ganz bewusset auf sie zur Bekämpfung des lokalen Fachkräftemangels.
Wo es seltsaemer Weise niemanden stört, dass fachlich ganz unerfahrene und weitgehend völlig „unbeleckte“ Menschen mit wichtigen fachlichen Entscheidungen betraut werden, ist die Politik. Da ist es egal, dass Joschka Fischer als abgebrochener Fotografenlehrling und Gasthörer an der Uni Frankfurt und gewiss auch durch seine Straßenkämpfe in den 68er Jahren auf keine Weise dazu ausgebildet war, als Außenminister dem deutschen diplomatischen Korps vorzustehen. Dass die gelernte Ärztin Dr. Ursula von der Leyen das Kriegshandwerk sicherlich nie gelernt hat, stört auch nicht, wenn sie jetzt als Verteidigungsministerin den Generälen sagen kann, wo es lang geht. Natürlich ist allgemein anerkannt, dass – von Streitfragen abgesehen – Joschka Fischer als Außenminister einen erstaunlich guten „Job“ gemacht hatte und dass zu erwarten ist, dass Frau Dr. von der Leyen mit ihrer Zähigkeit und Energie dort die Bundeswehr auf Vordermann bringen wird, wo ihre Vorgänger (auch alles Laien) Dinge wie die sündhaft teure Beschaffung der für uns ungeeigneten Drohnen einfach schleifen ließen.
Wenn Sie Interesse haben, mehr über den Wert und die Möglichkeiten des Seiten- und Quereinsteigens zu erfahren, kann ich empfehlen, mal hier einzusteigen: www.lesenetz-hamburg.de oder http://quereinstieg-netzwerk.de