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Ordnung in der Welt der Hormone

Erstellt von r.ehlers am Mittwoch 26. Februar 2014

Was weiß der Bundesbürger über die Welt der Hormone? Er hat von vielen Seiten immer wieder darüber gehört, ist so aber immer nur häppchenweise informiert worden. Dass mit den Hormonen erst das Leben in uns einzieht, ist daher kaum jemandem bewusst.

Man sollte meinen, dass wenigstens im Leistungskurs Biologie die wichtigsten Informationen verbreitet werden. Um einen Eindruck davon zu gewinnen, habe ich mir einmal die Biologie-Lektionen der Reihe Abitur Clever Vorbereitet“ der „Schülerhilfe!“, 320 S., Tandem Verlag, 2013, besorgt.  Können Sie sich vorstellen, dass im ganzen Werk, auch  im Kapitel 6.10 „Hormone“ an keiner  einzigen Stelle das Schlüsselhormon Serotonin erwähnt wird?

Aber wie kann das auch anders sein, wenn das große Internetlexikon Wikipedia in seiner deutschen Version nicht einmal die vorwiegend im Stammhirn gelegenen Raphe-Kerne kennt, in denen der   Botenstoff Serotonin hergestellt wird, der von dort aus alle Teile des menschlichen Gehirn durchwandert. Für den Leser, der gern einmal einen globalen Überblick über alle für unsere vegetativen Funktionen und unser ganzes Gefühlsleben entscheidenden Hormone und Botenstoffe  erhalten möchte, habe ich nachfolgend – in Anlehnung und unter Ergänzung der Information des amerikanischen „Hormone Health Networks“ (www.hormone.org/) eine Ordnung der Hormone übersichtlich zusammengestellt.

-de.wikipedia.org-

Rotationsanimation eines menschlichen Gehirns (ohne rechtes Großhirn und mit rot markiertem Frontallappen)

 

Endokrine Drüsen und Arten der Hormone und Botenstoffe

Drüsen(lat. glandula) sind vergleichsweise kleine, aber mächtige Organe, die besondere Substanzen bilden und diese entweder als Sekret nach außen absondern (exkretorische Drüsen) oder als Hormon oder Botenstoff in die Blutbahn oder an die Zellen des Nervensystems abgeben (endokrine Drüsen).

 

-de.wikipedia.org-

 

Hier geht es nicht um die exokrinen Drüsen wie z.B. die Talgdrüsen in der Haut, sondern nur um die endokrinen Drüsen gemäß der folgenden Liste:

  • Hypophyse
  • Hypothalamus
  • Thymusdrüse
  • Mandelkern
  • Hoden
  • Eierstöcke
  • Schilddrüsen
  • Nebenniere
  • Nebenschilddrüse
  • Bauchspeicheldrüse
  • Raphe-Kerne
  • Locus Caeruleus
  • Substantia Nigra

 

Hypophyse

Die Hypophyse hat größten Einfluss im ganzen Hirngeschehen. Von dort aus werden auch die Produktion un die Ausschüttung anderer endokrine Drüsen  gesteuert.

 

pituitary gland

 

 

Im vorderen Hypophysenlappen werden gleich mehrere verschiedene Hormone und Botenstoffe produziert:

  • Prolactin:  Stimulation der Produktion der Muttermilch, Hemmung der Ovulation
  • Wachstumshormon (GH): (Körperaufbau, Erhalt der Muskel- und der Knochenmasse, Fettverbrennung
  • Adrenocorticotropin (ACTH):  Stresshormon, stimuliert die Produktion von Cortisol durch  die Nebenniere, reguliert u.a. den Blutdruck und den Blutzuckerspiegel
  • Thyreotropin (TSH): stimuliert die Schilddrüse zur Produktion der Schilddrüsenhormone, die den ganzen Stoffwechsel regulieren (Energie, Wachstum, Entwicklung und die Aktivitäten des Nervensystems
  • Luteinisierendes Hormon (LH):  fördert Eisprung und Gelbkörperbildung bei der Frau , stimuliert den Testosteronaufbau beim Mann
  • Follikelstimulierendes Hormon (FSH): Steuerstoff der Eizellen- und Spermienreifung

 

Der hintere Hypophysenlappen produziert zwei Hormone:

  • Oxytocin:  Freisetzung von Muttermilch, Bindungshormon
  • Antidiuretisches Hormon (ADH):  auch Vasopressin genannt, setzt aus der Nebennierenrinde das Stresshormon Cortisol frei, reguliert den Wasser/Salzhaushalt des Körpers

 

 

Hypothalamus

Der Hypothalamus, gelegen direkt oberhalb der Hypophyse, liefert sog. freisetzende Hormone („releasing hormones“), die die Produktion und die Ausschüttung der Hypophysenhormone steuern.

Dazu gehören:

  • Somatoliberin (growth hormone-releasing hormone, GHRH): setzt das Wachstumshormon (GH) frei
  • Thyreoliberin (TRH):  setzt Thyreotropin ( TSH) frei
  • Adrenocorticotropin freisetzendes Hormon(CRH): setzt ACTH frei
  • Gonadotropin-freisetzendes Hormon (GnRH):  regt die Hypophyse an zur Produktion von LH und FSH (wichtig  für Fortpflanzung und Pubertät)

 

Thymusdrüse

Die Thymusdrüse baut mit ihren gesonderten Hormonen in jungen Jahren das Immunsystem auf und wird dann durch Fettgewebe ersetzt.

 

 

Zirbeldrüse (Epiphyse, Pinealorgan)

 

 

In der Zirbeldrüse wird das Serotoninmolekül  in das Schlafhormon Melatonin umgebaut.

 

Hoden

Die Hoden produzieren das Männlichkeitshormon Testosteron. Bei Frauen wird dieses Hormon in kleinen Mengen auch in der Nebennierenrinde und in den Eierstöcken hergestellt. Neben der sexuellen Ausprägung und Funktion ist Testosteron auch beim Aufbau und Erhalt von Muskelmasse und Knochenmasse beteiligt.

 

 Eierstöcke

 

Die wichtigsten Hormone, die die Eierstöcke produzieren sind die Östrogene und das Progesteron. Sie produzieren auch Inhibin, ein Protein, das  in der Hypophyse FSH freisetzt und die Eireifung kontrolliert.

 

Schilddrüse

 

 

Die vorn am Hals sitzende Schilddrüse kontrolliert mit ihren Hormonen die Fähigkeit des Körpers, Nahrung zu metabolisieren und Energie zu speichern. Es sind dies Trijodthyronin (TH3) und Thyroxin (TH4).

 

 

Nebenniere

 

Die Nebenniere verfügt praktisch über zwei verschiedenen Drüsen, der außen auf der Niere befindlichen Nebennierenrinde (adrenal cortex)  und ihrem Mark (adrenal medulla).

Die Rinde produziert Glycokortikoide wie insbesondere Cortisol (Stress), Mineralkortikoide wie das Aldosteron (Blutdruck, Wasser/Salz) und Androgene mit testosteronähnlicher Wirkung bei Mann und Frau.

Im Nebennierenrindenmark werden Adrenalin (Stressreaktion auf Gefahren) und Noradrenalin (allgemeiner Stresslevel) produziert.

Nebenschilddrüse

 

 

Hinter der Schilddrüse sitzen die vier winzigen, aber wichtigen Nebenschilddrüsen. Ihre Hormone helfen bei der Aufrechterhaltung der Spiegel von Kalzium und Phosphor im Körper (Knochenentwicklung, Herz-, Muskel- und Nervenfunktion)

 

Bauchspeicheldrüse (Pankreas)

 

 

Der Pankreas  liefert das Hormon Insulin, das lebenswichtig ist für die Aufrechterhaltung eines gesunden Zuckerspiegels (Glukose). Wenn der Zuckerspiegel zu niedrig ist, stellt er auch Glukagon her, das die Leber veranlasst, dort gespeicherte Glukose in den Blutkreislauf abzugeben.

In der Bauchspeicheldrüse wird aus dem Anion der Aminosäure Glutamat das Hormon Gamma-Aminobuttersäure (GABA) hergestellt. GABA ist nicht gehirngängig, muss also dort selbst erzeugt werden.

Raphe Kerne

 

-de.wikipedia.org-

Buchstabe c (in der Mitte in gelb) markiert die Raphe Kerne

Serotonin wird auch im Körper, von Plasmazellen der Darmschleimhaut, von den Blutplättchen und von spezifischen Zellen des Lungengewebes  als Gewebshormon aufgebaut, kann von dort her aber nicht ins Gehirn eindringen. Die entlang der die beiden Gehirnhälften das Stammhirn durchlaufende Mittellinie befindlichen Drüsen, die Raphe-Kerne, sind der Ort im Gehirn, an dem der Transmitter Serotonin aufgebaut wird. Als solches erst hat Serotonin eine alle anderen Hormone und Botenstoffe überragende Wirkung. Nicht nur hat es selbst immens viele Aufgaben, besonders in der Kontrolle vieler Körperfunktionen, es ist auch als Modulationshormon beschäftigt mit dem Einsatz aller anderen Botenstoffe im Gehirn.

 

Locus Coeruleus

-scholarpedia-

Locus Coeruleus beim Affen.  Der histologische Ausschnitt zeigt die Zellen des Locus Coeruleus (dunkelbraun. IV: 4th Ventrikel. PB: Parabrachialer Kern CB: Cerebellum (Kleinhirn).

Der Locus Coeruleus ist der Hauptsitz der Synthese des wichtigen Neurotransmitters Noradrenalin. Als Gewebshormon wird es aber auch vom der Nebennierenrindenmark direkt ins Blut abgegeben.

 

Substantia Nigra

Querschnitt des Gehrins mit Ausicht auf Substantia nigra

-Bild: Neurologen und Psychiater im Netz-

Veränderungen an der Substantia Nigra im Gehirn  verursachen das Parkinson-Syndrom

Im Gehirn selbst wird auch der wichtige aktivierende Transmitter Dopamin, das sog. Glückshormon, aufgebaut. Hauptproduktionsstätte scheint die Substantia Nigra zu sein.

 

 Sonderfälle GABA, Glycin und Acetylcholin

 GABA, wie Serotonin mit dem gleichen Molekül zugleich Gewebshormon und Neurotransmitter,  findet sich in vielen Zellen des Gehirns und wird dort offenbar produziert. Eine besondere Produktionsstätte hat man aber bisher nicht ausgemacht. Dennoch ist es einer der bedeutendsten Transmitter im Gehirn. 40 % der gesamten Transmittertätigkeit im ZNS soll „gabaerg“ sein, wie die Experten das ausdrücken. Es ist der wichtigste inhibierende Stoff im Gehirn, es wirkt angstlösend und entspannend. Im Schlaf sorgt es dafür, dass nach dem Einsatz von Serotonin zum Einschlafen und Melatonin zum tieferen Hineinfinden in den Schlaf die wichtigen großen Schlaftiefen gefunden werden.

Besondere Bedeutung für die Wirksamkeit von GABA hat Serotonin, da es die GABA-Synthese stimuliert und die GABA-Rezeptoraffinität erhöht. Bekannt ist, dass beim zentralnervösen GABA-Mangel Heißhunger auf Zucker und Süßigkeiten entstehen, Lähmungen, Muskelverspannungen, Tinnitus, Geruchsstörungen, Schwitzen, Merkverlust, Impulsivität, Ungeduld und Ängste auftreten – alles Störungen, die sich nach meiner Erfahrung im Umgang mit nativer Kost zum Serotoninaufbau immer wieder gelegt haben.

Nächst GABA ist Glycin das am meisten im Gehirn und im Körper eingesetzte Hormon bzw. Botenstoff, von dem man aber wenig hört, weil es offenbar gehirngängig ist, kaum jemals knapp ist und keine Probleme bereitet.

In der Liste der häufigsten zentralnervös genutzten Botenstoffe kommt der -allerdings ungemein- bedeutungsvolle Transmitter Acetylcholin an nächster Stelle, das wie die meisten Neurotransmitter gesondert im Gehirn aufgebaut werden muss. Acetylcholin, oft Gedächtnishormon genannt, ist notwendiger Begleiter der kognitiven Prozesse. Obwohl es so unverzichtbar ist und sich so viele cholinerge Rezeptoren im Gehirn befinden, ist offenbar keine besondere Produktionsstätte für diesen Botenstoff bekannt. Mängel beim Einsatz von Acetylcholin werden mit der Entstehung von Alzheimer in Verbindung gebracht.
 

Hormonproduzierende Organe

Viele Organe spielen eine bedeutende Rolle im Hormonsystem, obwohl sie nicht zu den Drüsen gehören. Sie haben spezifische Zellen ausgebildet, die ebenfalls Hormone herstellen, speichern und ausschütten.

Placenta

Die Placenta ist ein besonderes endokrines Organ, das mit besonderen, den gewohnten Körperhormonen ähnlichen Stoffen Mutter und Kind in der Schwangerschaft begleitet und Geburt und Stillzeit vorbereitet.

Haut, Leber und Nieren

Haut, Leber und Nieren arbeiten beim Aufbau von Vitamin D 3 (Calcitriol) zusammen (Kontrolle der Level von Kalzium und Phosphor im Blut).  Dabei handelt es sich tatsächlich um ein Hormon und nicht um ein Vitamin.  Auf der Haut werden unter dem Einfluss der UVB-Strahlung  Cholesterinmoleküle in Vitamin D umgewandelt, das dann in einem lang andauernden Prozess in den Körper eindringt (also: nicht abwaschen!). Erst nach verschiedenen chemischen Umbauten in der Leber und den Nieren wird daraus das Calcitriol, die aktive Form des Vitamin D.

Magen und Dünndarm

Der Verdauungstrakt ist das größte endokrine Organ des menschlichen Körpers. Dort werden von spezifischen Zellen verschiedene Hormone gebildet wie Serotonin, Cholezystokinin (Sättigung) sowie Ghrelin und Leptin. Letztere spielen mit ihrer Beeinflussung der Gefühle von Appetit und Hunger eine noch nicht voll erforschte Rolle bei Übergewicht und Essstörungen.