Die sechs wichtigen Verschlüsse des Verdauungskanals
Erstellt von r.ehlers am Donnerstag 15. Mai 2014
Für den Normalbürger, aber auch für die Ernährungsfachleute und die Mediziner, die sich um die Details der Verarbeitung unserer Nahrung im Verdauungstrakt nicht kümmern, sind die unsichtbar im Körper ablaufenden Verdauungsvorgänge nicht weniger weit weg als das Leben am Grund der Tiefsee.
Wirklich erleben tun wir im Bereich der Aufnahme der Nahrung nur unsere Aktivitäten im Mundraum und die Speiseröhre hinunter bis zum sog. oberen Schlundschnürer, dem Schluckmechanismus. Die Gefilde unterhalb bis hin zum Auslass und der Expression der Verdauungsrückstände sind reine „terra incognita“, weiße Flächen auf der Landkarte des Wissens über uns selbst.
Dass sich im Bauchraum was tut, bemerken wir nur manchmal, wenn es uns von daher drückt. Wir schieben das immer auf den Magen, auch wenn der Druck meist aus dem Darm kommt. Der Magen ist allerdings Beteiligter, wenn es uns sauer aufstößt, weil Magensäure die Speiseröhre hinauf wandert (Sodbrennen/Reflux). Der Magen meldet sich auch beim Erbrechen, wenn ihm Inhalte zugemutet werden, die er nicht verträgt. Nur indirekt bekommen wir mit, wenn die weitere Bearbeitung der Nahrung und ihrer Überreste im Dickdarm mal zur Verstopfung und mal zum Durchfall führt.
Können Sie sich vorstellen, dass wir mit der Art und Weise der Nahrungsaufnahme entscheidend zum erfolgreichen Ablauf der gesamten Versorgung beitragen und damit die Grundlage für den Erhalt unserer Gesundheit stellen können – und natürlich auch sollten?!
Entscheidend dabei ist, dass wir
die sechs Verschlüsse des Verdauungskanals
kennen und richtig bedienen. Kaum woanders ist ihre Lage s so gut auzumachen wie in der Abbildung auf den Seiten von Dr. Nicolas Gumpert– http://www.dr-gumpert.de/html/innere_medizin.html – ohnehin einer der wichtigsten Aufklärer in Sachen der Gesundheit im deutschsprachigen Raum:
- Dünndarm – Intestinum tenue
- Zwölffingerdarm, oberer Teil –
Duodenum ,Pars superior - Zwölffingerdarm-Leerdarm-Übergang –
Flexura duodenojejunalis - Leerdarm (1,5 m) – Jejunum
- Krummdarm (2,0 m) – Ileum
- Endteil des Krummdarms –
Ileum, Pars terminalis - Dickdarm – Intestinum crassum
- Mastdarm – Rectum
- Magen – Gaster
- Leber – Hepar
- Gallenblase – Vesica biliaris
- Milz – Splen
- Speiseröhre – Oesophagus
Es heißt immer, dass die Verdauung schon im Mund anfinge. Tatsächlich haben wir Enzyme, die aus der Nahrung Zuckerstoffe herauslösen können. Über die Mundschleimhaut können so schon Energieträger ins Blut gelangen. Nur nehmen wir uns durchweg so wenig Zeit zum Essen, dass wir diesen Effekt weitgehend vernachlässigen können.
Dies sind die 6 Verschlüsse mit ihren gesamten Einrichtungen im Verdauungskanal:
- Mund mit Ringmuskelverschluss (1)
- Speiseröhre mit oberem Schlundschnürer, einem Dehnsphinkterverschluss (2) (= Schluckmechanismus in der Ringknorpelenge der Speiseröhre)
- Magen, bestehend aus:
- Mageneingang oder Cardia (Pars cardiaca) mit Magenmund (Ostium cardiacum) und Dehnsphinkterverschluss (3) (Sphincter cardiaci)
- Proximaler Magen, bestehend aus Fundus und Corpus
- Fundus (Fundus ventriculi/Magengrund = Gasspeicher)
- Corpus (Corpus ventriculi/Magenkörper/Magenboden)
- Distaler Magen, bestehend aus Antrum und Pförtner (Pylorus)
- Antrum/Pförtnervorraum/Pförtnerhöhle (Antrum pyloricum)
- Magenpförtner (Pylorus/Pars pyloricus), bestehend aus:
- Pförtnerkanal (Canalis Pyloricus)
- Pförtnermund (Ostium pyloricum) mit Dehnsphinkterverschluss (4)
- Dünndarm (Intestinum tenue) bestehend aus:
- Zwölffingerdarm (Duodenum)
- Leerdarm (Jejunum)
- Krummdarm (Ileum) mit Ileozäkalklappe , einem Dehnsphinkterverschluss (5)
- Dickdarm (Intestinum crassum) bestehend aus:
- Blinddarm (Caecum) mit Appendix
- aufsteigendem Teil (Colon ascendens)
- querverlaufendem Teil (Colon transversum/Querdarm)
- absteigendem Teil (Colon descendens)
- Sigma (Colon sigmoideum = S-förmig gekrümmter Teil)
- Mastdarm (Rektum =15 – 20 cm langer Enddarmabschnitt)
- Afterkanal (Canalis analis) mit Ringmuskelverschluss (6)
-de.wikipedia.org-
1 = Magen
2 = Dünndarm
3 = absteigender Teil des Dickdarms
4 = aufsteigender Teil des Dickdarms
5 = Blinddarm mit Appendix
6 = Mastdarm
7 = After
Mund und After haben muskuläre Ringmuskelverschlüsse. In der oberen Speiseröhre und an ihrem Ende, dem Mageneingang (Cardia), wie auch am Magenausgang (Pylorus) und am Übergang vom Dünndarm in den Dickdarm (Blinddarm) besitzt unser Körper ganz anders wirkende Verschlussmechanismen. Es handelt sich um sog. Dehnsphinkter, die durch die Anspannung glatter Muskulatur entlang dem Verdauungsrohr für dessen Verengung bis hin zur kompletten Verhinderung des Durchflusses sorgen.
Beim Schluckmechanismus wird die Speiseröhre so zusammengequetscht, dass der Nachfluss von Nahrungbrei an der Einschnittstelle zum Halt kommt, während der untere Teil hinunter in Richtung des Magens gedrückt wird. Am Mageneingang bleibt die Verdauungsröhre durch dauernde Längung der sie umgebenden Muskeln permanent geschlossen, bis sich Nahrungbrei angesammelt hat, der in den Magen laufen soll. Nach seinem Einlass wird der Einlasskanal wieder in die Länge gezogen, damit aus dem Magen nichts nach oben fließen kann – besonders nicht die Magensäure! Flüssigkeiten, auch wenn sie fein zerkleinerte Nahrungspartikel mitbringen, laufen ungehindert durch. So ist es auch beim Magenpförtner, der den Durchfluss ausreichend verflüssigter Nahrung im relaxierten Zustand ungehindert zulässt, aber absolut dicht macht, wenn der Magen mit Inhalt gefüllt ist, der besonderer Bearbeitung bedarf, insbesondere der erst noch zerkleinert werden muss. Die Ilöozalklappe, der Verschluss zwischen Dünn- und Dickdarm ist dazu da, nur Material aus dem Dünndarm heraus- und in den Dickdarm einzulassen. Ist nichts zu transportieren oder kommt Gegendruck aus dem Dickdarm, ist die Muskulatur entlang der Schnittstelle dauerhaft angespannt und verhindert jeden Rückfluss. Was wäre denn auch, wenn aus dem sauren Milieu des Dickdarms die aggressiven Kolibakterien ins basische Milieu des Dünndarms eindringen könnten? Das wäre der „Super-Gau“ im ganzen Verdauungsprozess. Es gibt seltene krankhafte Zustände, in denen das tatsächlich passiert. Dann kommt es sogar zum ekelhaften Koterbrechen.
Die sechs Verschlüsse des Verdauungstrakts sorgen dafür, dass die Nahrung nur nach richtiger Vorbereitung die ihnen folgenden Abschnitte des Verdauungstrakts erreicht. Bewusst bekommen wir davon nur mit, welche Nahrung wir in den Mund stecken und wie sie verschluckt wird. Da werden schon die ersten Weichen für den Erfolg unserer Versorgung gestellt. Insbesondere sollte keine Nahrung verschluckt werden, die nicht bis auf kleinste Brocken verkleinert ist. Wie Frau Dr. Galina Schatalova geraten hat, muss alle Nahrung im Mund zu einem so weichen Brei zerkleinert werden, dass man auf der Zunge keine harten Partikel mehr verspürt. Beachtet man das nicht, gibt man der Magensäure mit den in der Speiseröhre gestauten Brocken nur die Aufstiegshilfe, die sie braucht, um uns das Leben zu versauern.
Neben dem wichtigen Verschluss an der Einbahnstraße vom Dünndarm in den Dickdarm ist der Magenpförtner der wichtigste Verschluss im Verdauungstrakt. Nahrungspartikel, die deutlich größer sind als 1 mm im Durchmesser (Obergrenze: 3 mm), werden im Magen festgehalten, bis er sie mit seiner Magensäure und mit seiner Peristaltik auf das richtige Maß gebracht hat. Wenn wir nicht klug essen und dem Magen die Zeit gönnen, seine Arbeit ungestört zu erledigen, kann das lange Zeit dauern, während der jeglicher Weitertransport von Nahrung in den Dünndarm unterbunden ist. Das bedeutet, dass es für den Körper für viele Stunden überhaupt keinen Nachschub an Energie- und Vitalstoffen gibt. Wer hätte das gedacht?
Schauen Sie doch einmal in meine kleine Geschichte vom schweren Leben des LKW-Fahrers Heiko , mit der überdeutlich gezeigt wird, dass man praktisch den ganzen Tag über keine Nahrung in den Dünndarm hinein kriegt, wenn man in kurzen Abständen immer wieder Nahrung aufnimmt:
http://www.essenspausen.com/das-schwere-leben-des-heiko/.
Ein ganz so krasser Ausnahmefall, wie mancher denken möchte, ist das Essverhalten des Helden Heiko dieser Geschichte nicht. Kaum jemand weiß, dass der gefräßige Mensch durch seine Zwischenmahlzeiten nur bewirkt, dass die zuletzt aufgenommenen Speisen weiter im Magen bearbeitet werden und sein Körper an die Nahrungsinhaltsstoffe gar nicht heran kann, bis er dann doch einmal eine längere Essenspause einhält.
Der Grund dafür, dass der Magen bei ständiger Beschäftigung alle Speisen für sich behält und sie immer und immer wieder bearbeitet, wenn ständig neue Speisen nachgeschoben werden, liegt in dem von der natur fest installierten Magenprogramm. Der Magen lässt sich von uns nicht willentlich ein- und ausschalten. Sobald neue Nahrung ankommt, erkennt er das und macht am Magenpförtner sofort „zu.“ Er säuert seinen gesamten Inhalt (erneut) und wirft nach weitgehender Neutralisierung sein umständliches Programm zur Umwälzung und portionsweisen Ausstoßung des Nahrungsbreis an. Es werden dann alle drei Minuten immer nur rd. 2 % des jeweiligen Mageninhalts an den Dünndarm abgegeben. Das zu wissen ist zwingend geboten, wenn man verstehen will, weshalb eine kleine Portion nativer Pflanzenkost auf leeren Magen genossen einen viel stärkeren Verstoffwechslungsreiz auslöst aus der mächigste Schweinebraten. Nur in Kenntnis dieser Vorgänge kann man verstehen, wie die richtige Art des Nahrungsverzehrs den körpereigenen Aufbau des Botenstoffes Serotonin anstoßen kann.
In einem separaten Beitrag werde ich mich etwas vertieft mit den sehr verschiedenen Funktionen von Dünn- und Dickdarm befassen, die in der Öffentlichkeit und selbst in fachlichen Darstellungen selten richtig voneinander getrennt betrachtet werden.