Dicksein ist gesund! Wie bitte?
Erstellt von admin am Samstag 20. Juli 2013
Sachbezug: Energieversorgung, Cortisol, Serotonin, Gesundheitsrisiko Übergewicht
Der international anerkannte Mediziner Professor Dr. Achim Peters aus Lübeck untersucht seit Jahren die Zusammenhänge zwischen der Energieversorgung des Menschen, der Wirkungen der Hormone Insulin und Cortisol und der Entstehung von Übergewicht. Er geht einen schwer verständlichen Weg, den soweit ersichtlich kaum ein anderer Experte mitgeht.
-de.wikipedia.org-
1612 waren gut 200 kg Körpergewicht noch ganz selten!
Der Titel seines ersten, auch an Laien gerichteten, Buches lautet: „Das egoistische Gehirn. Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft“, Ullstein, 2011. Im Englischen ist seine Forschung als Selfish Brain Theorie bekannt.
Weil kaum jemand richtig hinhört, wird Peters heute deutlicher und erklärt in aller Öffentlichkeit provokativ:
„Dicksein ist gesund! “ Übergewicht ist für Peters kein Thema mehr, s. „Mythos Übergewicht. Warum dicke Menschen länger leben, Bertelsmann, 2013.
Hier Peters gedanklicher Ansatz in aller Kürze:
Unser Gehirn ist ein egoistischer Despot. Kommt es in Versorgungsnot, können wir noch so entschlossen sein, eine Diät einzuhalten – unser egoistisches Gehirn wird etwas dagegen haben und seine eigenen Energieansprüche sogar gegen unseren Willen durchsetzen. Bei Stress reicht das übliche Energieangebot für unser Gehirn angeblich nicht aus – wir essen mehr, um es gut zu versorgen. Wenn wir uns aber an Dauerstress gewöhnen, kann das danach fatale Folgen haben: Wir werden dick und bekommen die überflüssigen Kilos nicht wieder los. Übergewicht entsteht nach Peters durch eine Überschwemmung des Körpers und des Gehirns mit dem Stresshormon Cortisol (nicht: Cortison!). Bedingt durch die bei Übergewichtigen einfach vorgegebene Anlage der zuständigen Hirnareale (Hypothalamus, Amygdala, Hippocampus)“ fordert bei ihnen anders als bei Normalgewichtigen das Gehirn die Deckung des vermehrten Bedarfs durch Nahrungsaufnahme an, statt sich der körperlichen Energiespeicher zu bedienen. Die Folge: der Mensch kriegt zuviel Energie und lagert es als Fett ein.
Hier meine Kritik:
Der neue Denkansatz von Peters, so wertvoll er auch ist, wird von ihm selbst nicht zu Ende geführt. Richtig ist, dass das Gehirn der Hauptabnehmer von Glukose aus der Nahrung ist. Richtig ist auch, dass das einflussreiche Stresshormon Cortisol (anders als Serotonin) leicht die Blut-Hirn-Schranke durchdringt. Theoretisch kann daher das Gehirn bei einem Überangebot an Cortisol mit diesem Stoff überschwemmt werden, was den Menschen, wenn er genetisch so gepolt ist, einfach zwingen könnte, ohne Sinn und Verstand neue Nahrung aufzunehmen, statt sich der reichlichen Energiereserven des Körpers zu bedienen.
Peters beschäftigt sich aber unverständlicher Weise nicht mit unserem körpereigenen System der zerebralen Stresskontrolle durch den Botenstoff Serotonin und mit der Funktion genau dieses Stoffes als zugleich oberster Kontrollinstanz über das Essverlangen überhaupt.
Ist Serotonin im Gehirngeschehen auf dem Plan, reguliert es Stress herunter. Es ist der einzige Steuerstoff im Gehirn, der den schrecklichen Aufbau der sog. Stresskaskade durch die Hormone Cortisol, Adrenalin, Testosteron und sicher weitere mehr beenden und einen Zustand der Ausgeglichenheit und des Wohlbefindens wiederherstellen kann. Das Schlüsselhormon Serotonin mit seinen umfassenden Funktionen ist auch die beste Hilfe, wenn es darum geht, sich gegen die mächtigen inneren Antriebe zum Essen zu wehren, sei es die Gewohnheit, die Lust am Essen oder das Essen aus Lebensfrust.
Peters kennt zudem beim Thema Übergewicht nur die Argumentation aus den Erkenntnissen von Endokrinologie (Hormonlehre) und Hirnforschung. Dass seine plakativ dargestellten Ergebnisse schlicht falsch sind, kann man schon aus der Verteilung des Übergewichts im Zusammenhang mit der Verteilung des metabolischen Syndroms aus Bluthochdruck, Kreislaufbeschwerden und Diabetes II in der Welt ablesen. Alle Länder, die unsere westliche Lebensweise übernehmen, die die Basis für den körpereigenen Aufbau des Stresskontrollhormons Serotonin missachtet, landen bei derselben Verfettung wie sie bei uns grassiert. Wenn Menschen ein “egoistisches Gehirn” haben, dann doch in aller Welt und nicht nur in unseren Breiten, wo Übergewicht und Adipositas endemieartig um sich greifen!
Peters Behauptung, dass Dicke länger lebten, ist absurd. Es gibt nur erste Studien mit dem Ergebnis, dass ein klein wenig an Fettreserven gar nicht ungesund sein soll. Wenn man statistisch aber auf der einen Seite die maßvoll Übergewichtigen sieht und auf der anderen Seite alle nicht Übergewichtigen, vergleicht man Äpfel mit Birnen. Denn bei den nicht Übergewichtigen sind dann ja auch die Untergewichtigen vertreten, die mit wieder besonderen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben!
Die letzte Zahl aus der Presse: In den USA sind bereits 70 % der Bürger übergewichtig! (bei uns erst die Hälfte).
Lesen Sie auch: http://www.essenspausen.com/der-mut-zum-eigenen-urteil-in-gesundheitsfragen/
und auch http://www.essenspausen.com/horen-sie-auf-niemanden/