Uni Dortmund: Das lernen Oecotrophologen
Erstellt von r.ehlers am Montag 26. September 2016
Mensabrücke und H-Bahnstation Uni Dortmund Bild: Von Chin tin tin – Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5296238
Der Fachbereich 14 – Haushaltswisssenschaft – der Universität Dortmund hat unter der Leitung von Professor Dr. Bernhardine Joosten und Ute Theissen mit finanzieller Unterstützung der gemeinnützigen Stoll Vita Stiftung aus Waldshut für Lehrzwecke eine ambitionierte Ausarbeitung erstellt und ins Netz gestellt:
http://www.bug-nrw.de/cms/upload/pdf/inhaltsstoffe.pdf.
Der Name der Arbeit lautet:
„Inhaltsstoffe der Lebensmittel und gesunde Ernährung“
Auf 94 Seiten stellt der Fachbereich stofflich gedrängt und doch komplett alles Wissen zusammen, auf das es nach seiner Auffassung in seinem Zuständigkeitsbereich wesentlich ankommt. Verbunden wird die Darlegung mit praktischen Aufgaben zum Einüben des Gelernten.
Bis in alle Details findet sich in diesem Skriptum nicht ein einziger Widerspruch zu den Aussagen der halbstaatlichen Gesundheitsgesellschaften in D-A-CH wie besonders der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) und ihres alten Repräsentanten Prof. Dr. Biesalski.
Im ganzen Papier wird absolut dogmatisch Erkenntnis an Erkenntnis gereiht. Weder in grundlegenden Fragen noch in Details werden abweichende Vorstellungen auch nur angetippt. So sollte Wissenschaft aber nicht auftreten, dass die Lehre nicht einmal geringe Einblicke in die Forschung gewährt! Prompt geht dieses Lernbuch für die Studenten der Oecotrophologie auch konsequent an den grundlegenden Neuerungen auf dem Gebiet der gesunden Ernährung vorbei.
Lehre ohne Forschungsbezug und falsches Primat der wissenschaftlichen Besicherung
Mir als kritischen Betrachter fällt auf den ersten Blick positiv auf, wie in der Arbeit die „Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr“, wie sie von den großen Gesundheitsgesellschaften in D-A-CH gemeinschaftlich vorgeben werden, geschickt in ihrem Aussagewert relativiert werden. Sie werden nämlich nur als übergeordnete Bezeichnung verstanden für „Empfehlungen“, „Schätzwerte“ und „Richtwerte“:
Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr werden nur dann ausgesprochen, wenn ausreichende wissenschaftliche Kenntnisse vorliegen, um den Bedarf an diesen Nährstoffen genau nennen zu können.
Schätzwerte werden für die Nährstoffe angegeben, für die der Bedarf noch nicht in wünschenswerter Genauigkeit ausgewiesen werden kann.
Richtwerte stellen eine Orientierungshilfe dar, die bezogen auf den Bedarf eines einzelnen Menschen auf ihre Richtigkeit überprüft werden sollen.
Diese Unterscheidung trägt letztlich aber nur zur Verfestigung des zentralen Dogmas der offiziellen Ernährungslehre bei. Sie stellt nämlich erst recht das Kriterium der wissenschaftlichen Besicherung von Annahmen als allein maßgebend heraus. Dabei vernachlässigt die überkommene Ernährungslehre, dass alles Ernährungswissen sowohl in Grundfragen wie auch in einer Fülle von Details voller Ungewissheiten steckt. Das Dortmunder Papier weist selbst bei vielen Fragen darauf hin, dass noch erheblicher Forschungsbedarf besteht. Woher aber soll das Geld kommen, wenn schon eine gemeinnützige Stiftung aushelfen muss, damit ein Fachbereich einmal ein Lehrmittel wie das vorliegende verfassen kann?!
Die Oecotrophologen haben ihr Credo, wonach für sie ergebnisorientierte Erkenntnisse allein von Interesse seien, von den medizinischen Wissenschaften übernommen, die ebenso schlecht beraten sind, nur damit zu arbeiten, was bis dato sicher erforscht ist. Dort wo die Wissenschaften noch keinen vollen Durchblick haben, gibt es aber einen großen Schatz an vorläufigen Erkenntnissen, die – wenn auch mit besonderer Vorsicht – praktisch einsetzbar sind.
Es ist falsch, Vorgehensweisen, für deren Richtigkeit eine hohe Plausibilität spricht, wegen fehlenden wissenschaftlichen Nachweises generell abzulehnen – besonders dann wenn sich schon positive Ergebnisse zeigen.
Blindheit gegenüber grundlegend neuen Erkenntnissen
In der Dortmunder Ausarbeitung findet sich wie selbstverständlich die Erklärung, dass man seinen Nährstoffbedarf möglichst in mehreren Mahlzeiten über den Tag verteilt decken solle. Aus den praktischen Aufgaben wird ersichtlich, dass damit ganz konventionell Frühstück, morgendliche Zwischenmahlzeit, Mittagessen, nachmittägliche Zwischenmahlzeit, Abendessen und nachfolgend ein Snack gemeint ist.
Die Weichenstellung für die unterschiedlich schnelle und gründliche Verstoffwechslung der Nahrung je nach Leere oder Füllungszustand des Magens ist den Verfassern offenbar unbekannt. Sie kennen sicher auch nicht die Möglichkeit des körpereigenen Aufbaus des Wohlfühl- und Esskontrollhormons Serotonin durch den Verzehr nativer Kost auf leeren Magen, auch nicht die Notwendigkeit der täglichen Leerung des Magens im Interesse der Entstehung des Hormons Ghrelin und des unverzichtbaren Wachstumshormons Somatotropin. Ich frage mich, wie man heute überhaupt noch über gesunde Ernährung reden kann ohne die wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über die nächtliche Generalüberholung des ganzen Körpers durch Somatotropin nach Nagumo (Sirtuin) zu kennen (nachzulesen in den Beiträgen zum Grundwissen dieser Seite). Bezeichnend, dass die Ausarbeitung der Uni Dortmund mit keinem Wort erwähnt, dass die Inhaltsstoffe der Nahrung auch beim Aufbau aller Gewebshormone und Botenstoffe zugegen sein müssen.
Schwer zu verstehen ist auch, dass man so viel über gesunde Ernährung schreiben und kein Wort über die Probleme der Appetitkontrolle und der Macht der Essgewohnheiten verlieren kann.
Der Wert von Rohkost wird nicht hersuagestellt. Insbesondere fehlt jeder Hinweis auf die Bedeutung der Nahrungeenzyme. Wie selbstverständlich wird auch die gängige Vorstellung übernommen, dass man manche Pflanzenkost unbedingt kochen müsse, auch wenn dabei Einiges an Vitalstoffen verloren geht. Darauf, dass man Pflanzenkost auch schonend trocknen und sie dann so fein vermahlen kann, dass ihre komplette und schnelle Verstoffwechslung im Dünndarm dann ganz unproblematisch ist, kommt man dann auch nicht.
Die nicht hinterfragte schlichte Übernahme herkömmlicher Vorstellungen zieht sich bis in viele Details der Ausarbeitung. Ich erwähne hier nur einmal den Rat, doch auch im Winter ins Freie zu gehen, damit man durch die Beta-Strahlen der Sonne den Aufbau des Hormons namens Vitamin D initiieren könne. Haben die Verfasser denn nie gehört oder gelesen, dass ein nennenswerter Aufbau nicht zustande kommt, wenn nicht mindestens ein Viertel der gesamten Hautoberfläche des Körpers einer starken Sonnenaus-strahlung ausgesetzt wird? Das ist im Sommer schon nur zu schaffen, wenn man viel nackte Haut zeigt. Im Winter klappt das überhaupt nicht mehr, weil die Sonne beim schrägen Einfall ihrer Strahlen viel zu schwach ist. Es wird aber empfohlen, durch den vermehrten Verzehr von Fisch, Leber und Eiern für mehr Vitamin D zu sorgen. Aber das ist doch so gar nicht zu schaffen! Dennoch wird im Prinzip von allen Nahrungsergänzungsmitteln abgeraten.