Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Grotesk ungerechte Welt

Erstellt von r.ehlers am Dienstag 20. September 2016

Moderator Frank Plasberg (re.), Talk-Runde

Hart aber Fair – Talkrunde vom 19.9.2016, Bild: WDR/Dirk Borm

Spiegel Online gibt heute knapp, aber sehr treffend den Ausgang der Diskussionsrunde bei Frank Plasberg in „Hart aber Fair“ wieder: http://www.spiegel.de/kultur/tv/hart-aber-fair-zu-fluechtlingen-aus-afrika-wer-ist-schuld-a-1112994.html#ref=rss.

Thema  der Sendung war nur am Rande der aktuelle  Zustrom von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten, Hauptthema war die  noch viel größere Gefahr, dass wohl sehr bald unzählbare Millionen Menschen aus dem vernachlässigten Afrika Europa überschwemmen werden, wenn nicht klug gegengesteuert wird.

Die Sendung traf genau auf den Tag, an dem Bundeskanzlerin Merkel zum ersten Mal öffentlich erklärte, dass es ein Fehler war, vor einem Jahr den großen Trek von Flüchtlingen auf dem Weg über die Balkanroute aus den Problemländern des Nahen Ostens auch noch „Willkommen“ zu heißen. Natürlich widersprach ihr Vorgehen dem Europäischen Schengen-Abkommen und der deutschen und europäischen Staatsraison, zu der sie sich inzwischen längst wieder bekannt hat. Ein Staat oder ein Staatenbund, der seine Außengrenzen nicht verteidigt, gibt sich ja gerade in einer Welt großer Ungleichheit sehr bald auf. Darauf wiesen auch die Politiker in der Runde, der ungarische Botschafter Peter Györkös und der frühere Umweltminister Norbert Röttgen hin.

Gegen die Staatsraison sprachen in der Talkrunde der best informierte Mann der Runde, der Afrikakenner Elias Bierdel, die ARD-Korrespondentin Shafagh Laghai und der aus Kroatien stammende Neven Subotic, Fußballprofi bei Borussia Dortmund, der seit vielen Jahren mit seiner Stiftung beispielweise durch Brunnenbau in afrikanischen Dörfern sehr erfolgreiche private Entwicklungshilfe betreibt. Warum ist Neven Subotic nicht längst Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit? Warum wird seine Arbeit nicht massiv mit staatlichen Mitteln gefördert?

Groteskes Unrecht: Europa beutet Afrika aus

Röttgen persönlich, der in der CDU und in der Regierung nie viel zu sagen hatte, ist abzunehmen, dass er sich schon früher für eine andere Umwelt- und Entwicklungspolitik ausgesprochen  hatte, die die gnadenlose Ausbeutung der Ressourcen Afrikas und mit der Klimaerwärmung die Ausbreitung der Wüsten zur Folge hat. Seine heutige  Erklärung, dass bei denen, die zu entscheiden haben, „ein Lernprzess eingesetzt“ hätte, ist dagegen in keiner Weise glaubhaft.

Ganz im Gegenteil: Beispielsweise sind durch die hohen Agrarasubventionen  landwirtschaftliche Erzeugnisse in Europa so billig, dass kein Produzent in Afrika mithalten kann. Schon jetzt ist die Haltung von Hühnern in West- und Zenrtralfrika auf ein Zehntel des früheren Volumens zurückgegangen. Wenn das auf dem Weg befindliche Freihandelsabkommen EU-Afrika bald in Kraft ist, das die Einfuhr nach Afrika von den in Europa weniger geliebten Hähnchenteilen als Brust und Bollen auch noch zollfrei macht, wird es gar keine Hähnchenzüchter dort mehr geben.

Es braucht nachlässige, unfähige und korrupte Menschen in Afrika und Europa, die die mit der Kolonialisierung begonnene Ausbeutung Schwarzafrikas immer weiter fortsetzen. Die Schuldigen sind neben den Königen, Häuptlingen und Despoten in Afrika (die früher ja auch am Sklavenhandel mit verdienten) die Regierenden in Europa und die europäischen Bürger, die immer wieder solche Menschen an die Macht lassen, die über ihre kurzfristigen egoistischen Interessen und allenfalls ihrer Wähler nicht hinaussehen. Frau Merkel hat gestern ausdrücklich bedauert, dass sie das Rad der Geschichte nicht viele Jahre zurückdrehen kann, um die Fehler zu vermeiden, die die jetzigen Flüchtlichskatastrophen vorbereitet haben. Aber es ist nicht denkbar, dass sie nicht jederzeit wusste, wie gnadenlos Afrika alle Jahre „von uns“ ausgenommen worden ist. Glaubt denn irgendwer daran, dass sich da grundlegend etwas änderen wird?

 

Die Unfähigkeit der Politik, das Richtige zu tun

Das groteske Unrecht der Politik, die armen Länder der Welt rücksichtslos auszubeuten, ist Teil eines fundamentalen Systemfehlers in den westlichen demokratischen Ländern. Wenn es nicht gelingt, im Wege einer direkten Demokratie die wichtigen politischen Sachentscheidungen dem Volke selbst zu übertragen, vielmehr wie früher den Fürsten und dann gewählten Abgeordneten die höchste Macht im Staate zu lassen, hängt es vom Glück oder Zufall ab, ob wirklich mal das getan wird, was dem wahren Willen des Volkes entspricht.

Würde das deutsche Volk denn mit Aufklärungsflügen über Syrien eine der Parteien im dortigen Bürgerkrieg militärisch unterstützen? Würden die Bürger unseres Landes Jahrzehnte lang Hunderte Milliarden für eine Beteiligung eines aussichtslosen Krieges in Afghahnistan ausgeben? Sie würden aber dafür sorgen, dass sofort und nachhaltig die Notleidenden insbesondere in Afrika tatkräftig Hilfe zur Selbsthilfe erführen.

Wenn es im Volk ausreichend diskutiert würde, würden wir es sehr bald sehen, dass auch in Deutschlands Krankhenhäusern wie von den Holländern vorbildlich gehandhabt die Pflege und die Hygiene verbessert würde, damit nicht weiter viele Tausende jedes Jahr durch multiresistente „Krankenhauskeime“ zu Tode kommen. Es ist ja längst viel riskanter geworden, sich in Deutschland ins Krankenhaus einweisen zu lassen als sich an einem Autorennen zu beteiligen!

Hätte das Volk zu entscheiden, könnte sich generell im Gesundheitswesen sehr viel ändern. Riskante Substanzen wie Glyphosat würden aus der Umwelt verbannt, Frackingversuche würden bestimmt eingestellt. Die Forschung würde nicht mehr vorrangig  im Interesse der Industrie erfolgen, sondern im Interesse der Allgemeinheit. Auch würde die sinnlose Fixierung allein auf das Wirtschaftswachstum beendet werden. Könnten wir wirklich einmal die Zeit um viele Jahre zurückdrehen,würden wir, das Volk,  das Elektroauto und die erneuerbaren Energien zum Standard machen. Würden Politiker mit ihren heutigen Verstrickungen dasselbe tun, würde sich nichts ändern.

 

Globalisierung und Freihandelsabkommen

Gestern war ein Tag seltener Koinzidenzien. An diesem Tag stimmte auch die SPD-Basis dem europäischen Freihandelsabkommen mit Kanada -CETA – zu. Da dieses Abkommen alle kritischen Aspekte des TTIP-Abkommens der EU mit den USA vorwegnimmt, ist der Weg dorthin vorgebahnt. Ohne Frage hat der Chemieriese Bayer diese Entwicklung vorher gesehen (oder mitbestimmt), als er sich gerade vor ein paar Tagen entschloss, das verrufene amerikanische Genmais-Unternehmen Monsanto zu schlucken.

Ein typisches Freihandelsabkommen, das ein mächtiger Partner einem weniger mächtigen aufdrückt, ist das NAFTA-Abkommen, das amerikanischen Firmen Riesengewinne eingebracht hat, die in Chicago und Umgebung einfach ihre Arbeiter entließen und jetzt deren Arbeit zum Hungerlohn in Mexiko ausführen lassen.

Nebenbei gesagt: Nachdem gerade am Sonntag klar geworden ist, dass es wohl keine großen Koalitionen mehr zwischen den beiden ehemaligen Volksparteien CDU/CSU und SPD mehr geben wird, kann sich der SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel gute Chancen ausrechnen, nach der Bundestagswahl 2017 Frau Merkel im Kanzleramt zu folgen. Rot-Rot-Grün ist ja urplötzlich eine Option.

P.S.: Zur Unfähigkeit der Politik, das Richtige zu tun, gehört natürlich insbesondere das Wegsehen, wenn Jahr für Jahr Millionen verhungern.

Auch das Falsche zu fördern, ist häufig. So hat die Politik zur friedlichen Nutzung der Atomenergie die immer kurz vor dem GAU stehenden Hochdruckreaktoren á la Tschernobyl und Fukushima gefördert, die auf das seltene radioaktive Uran und Plutonium (das Gift aller Gifte) setzen . Dabei war schon Mitte letzten Jahrhunderts klar, dass Flüssigsalzreaktorene sich im Problemfall ganz von selbst abschalten. Ihr Brennstoff ist das nicht radioaktive Thorium, das man nur mit ein wenig Uran oder Plutonium aus den Abfällen der Standardmeiler zünden muss, und die im Ergebnis nur viel weniger und viel weniger gefährlichen Atommüll erzeugen. Deutschland spielt den Vorreiter, indem es die gefährlichen Standardmeiler abschaltet – zum „Ausgleich“ wird immer weiter Braun- und Steinkohle verstromt, die mengenweise CO2 erzeugen. Was machen wir nur, wenn in 100 – 200 Jahren wirklich der Meeresspiegel um Meter steigt und Holland und die ganze Norddeutsche Tiefebene „Land unter“ melden?  Nicht riskanter Atomstrom wäre sicher eine bessere Idee gewesen!