Multitasking: Nicht nur ein Kreativitätskiller
Erstellt von r.ehlers am Mittwoch 14. September 2016
Bild: fastcodesign.com
Das soll gut gehen? Gaspeadal, Kupplung, Bremse bedienen, Lenken, Straßenverkehr beobachten,Trinken, Telefon am Ohr halten und sich auf den Inhalt des Telefongesprächs konzentrieren
Unter Multitasking versteht man lt.Wikipedia die Fähigkeit des Menschen,
- mehrere Tätigkeiten zur gleichen Zeit
- oder abwechselnd in kurzen Zeitabschnitten durchzuführen
Nachdem man lange Jahre in Kursen wie z.B. bei Hirt das Zeitmanagement so lernen konnte, dass man durch gleichzeitige Erledigung mehrerer Aufgaben Zeit einsparen konnte, gibt es heute in Theorie und Praxis nur noch ein einhelliges Unwerturteil über das Multitasking. Wer sich dagegen wehren will, sich in der Fülle von Aufgaben zu verzetteln, kann bei der Autorin, Trainerin und Publizisten Heike Thormann gut durchdachte Ratschläge finden, s. http://www.kreativesdenken.com/artikel/tipps-gegen-kreativitaetskiller-multitasking.html.
Heute zählt die Konzentration auf die jeweils vor einem liegende Aufgabe. Achtsam soll man sein und im Hier und Jetzt das tun, was gerade ansteht. In vielen Untersuchungen hat man festgestellt, dass der Versuch der gleichzeitigen Erledigung der Arbeit an mehreren Aufgaben zu einem erheblichen Konzentrations-und Leistungsverlust führt. Neurologen erklären,dass es in Wahrheit gar kein Multitasking gäbe. Das Gehirn könne sich nur auf eine, maximal zwei komplexe Tätigkeiten gleichzeitig konzentrieren, wechsle bei mehreren Aufgaben nur schnell wie ein Computer von der einen zur anderen.
Aber werfen Sie doch noch einmal einen Blick auf das obige Foto der Frau, die beim Autfahren zugleich isst und telefoniert: Sie bedient viele Funktionen des Autos und hält zugleich den Straßenverkehr im Auge. Das für sich genommen ist auch schon ein Multitasking, aber eines das ein gutes und sicheres Autofahlen erst möglich macht! Warum sonst sind Fahranfänger so unsicher? Doch nur, weil sie die gleichezeitige Bedienung aller vom Fahrzeugführer verlangten Tätigkeiten nicht eingeübt haben! Dies ist ein Beispiel für ein geradezu notwendiges Multitasking.
Der Psychologe Prof. Dr. Torsten Schubert von der Humboldt-Universität Berlin (s. https://www.dasgehirn.info/aktuell/frage-an-das-gehirn/sind-wir-wirklich-faehig-zum-multitasking) meint demgegenüber, dass Autofahren nur eine komplexe Tätigkeit sei und kein Multitasking. Im Gehirn liefen ständig viele Tätigkeiten ab, die meist unbewusst erfolgen. Wenn mehrere solcher Vorgänge auf dasselbe Ziel gerichtet seien, ginge es nur um eine einzige zusammengefasste finale Handlung.
Schubert hält aber mit gewissen Einschränkungen auch die gleichzeitige Ausführung verschiedener Aufgaben für sinnvoll und problemlos ausführbar. Relativ unproblematisch sei dies bei „peripheren Prozessen“, die keine besondere Aufmerksamkeit erfordern. Er sieht das gegeben, wenn verschiedene unserer Sinne beteiligt sind. Wörtlich:
- „Ich kann einem Gesprächspartner am Telefon zuhören und davon unabhängig visuelle Informationen aufnehmen.“
- Auch Output-Prozesse können angeblich problemlos gleichzeitig ablaufen: „Ich kann sprechen und dabei mit meiner Hand etwas tun. In solchen Fällen gibt es höchstens kleinere gegenseitige Beeinflussungen.“
Diese Beurteilung ist aber falsch. Das Halten des Telefons am Ohr während der Autofahrt bedeutete keine erhebliche Ablenkung vom richtigen Führen des Fahrzeuges, wozu die gleichzeitige Beachtung der Verkehrssituation und die richtige Bedienung des Wagens gehören. Das Hinhören auf meinen Gesprächspartner und oft auch der Inhalt des Gesprächs nehmen aber so viel von der Aufmekrsamkeit auf das Autofahren weg, dass es brandgefährlich ist. Klar ist damit, dass auch der Gesetzgeber falsch beraten ist, nur das Einschalten des Handys und ein Halten in der Hand zu inkriminieren.
Aber auch die Ausführung von Handlungen, die mit der geichzeitigen Aufnahme von Informationen nichts zu tun haben, gelingtoft nicht gut. Wenn ich mich nach einem vorbeigehenden interssanten Menschen umsehe und gleichzeitg ein Glas Wasser befüllen will, läuft doch prompt die Hälfte daneben.
Viele Tätigkeiten, die auch einzeln ablaufen können, machen erst in ihrer gleichzeitigen koordiniereten Ausübung ihren Sinn. Dazu gehören neben dem Fahren eines Fahrzeuges, überhaupt der Bedienung von Maschinen, auch Abläufe von körperlichen Tätigkeiten wie Laufen, Schwimmen, Rudern und vieles mehr. Wenn man will, kann man solche Tätigkeitsabläufe per definitoinem aus dem Bereich des Multitaskings herausnehmen. Die gleichzeitige Verbindung mit weiteren Aufgaben, die nicht eingeübt sind, überfordert dann aber als Multitasking eindeutig das menschliche Gehirn. Ganz sicher ist es daher ein zu vermeidendes Multitasking, wenn man sich bewusst die gleichzeitigen Erledigung unterschiedlicher Aufgaben vornimmt.
Schubert will auch weiter differenzieren, und zwar nach „Input“ der Aufnahme von Informationen und nach „Output“, vom Menschen ausgehenden Aktionen, für die es jeweils spezifische Hirnrareale gibt. Da die für Input und Output zuständigen Regionen des Gehirns gesondert informativ miteinander (über den frontalen Cortex) verknüpft werden müssten („binding“), erkläre dies die Schwierigkeit ihrer gleichzeitigen Aktivierung. Das ist mir allerdings viel zu theoretisch und nicht nachvollziehbar.