Richtig Essen

GfE- Gesellschaft für richtiges Essen und Lebensgestaltung e.V.

Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) mit neuem Wind

Erstellt von r.ehlers am Sonntag 4. September 2016

Lange Zeit hielt ich wie viele andere, die sich mit den Fragen der Ernährung intensiv befassen, die halboffizielle staatlich geförderte  Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) aus Bonn für autoritär, unbeweglich und unbelehrbar. Bei der Durchsicht der neu gefassten 10 Regeln der DGE habe ich aber einige Formulierungen entdeckt, die unverkennbar einen Wandel in einigen Kernaussagen der DGE  erkennen lassen.

Aber heißt das auch, dass wirklich ein neuer Wind weht im alten Hochhaus der DGE in der Godesberger Allee 18 in Bonn?

Bild:https://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Jotquadrat

Die 10 neuen Ernährungsregeln der DGE, wie sie auf  https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/ 

wiedergegeben sind , lauten wörtlich wie folgt, mein Kommentar greft sich die offenbaren Neuerungen dann heraus und beklagt, was leider nicht geändert wurde:

„Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE

Vollwertig essen hält gesund, fördert Leistung und Wohlbefinden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat auf der Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse 10 Regeln formuliert, die Ihnen helfen, genussvoll und gesund erhaltend zu essen.

  1. Die Lebensmittelvielfalt genießen
    Vollwertiges Essen und Trinken beinhaltet eine abwechslungsreiche Auswahl, angemessene Menge und Kombination nährstoffreicher und energiearmer Lebensmittel. Wählen Sie überwiegend pflanzliche Lebensmittel. Diese haben eine gesundheitsfördernde Wirkung und unterstützen eine nachhaltige Ernährungsweise.
  2. Reichlich Getreideprodukte sowie Kartoffeln
    Brot, Getreideflocken, Nudeln, Reis, am besten aus Vollkorn, sowie Kartoffeln enthalten reichlich Vitamine, Mineralstoffe sowie Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Verzehren Sie diese Lebensmittel mit möglichst fettarmen Zutaten. Mindestens 30 Gramm Ballaststoffe, vor allem aus Vollkornprodukten, sollten es täglich sein. Eine hohe Zufuhr senkt die Risiken für verschiedene ernährungsmitbedingte Krankheiten.
  3. Gemüse und Obst – Nimm „5 am Tag“
    Genießen Sie 5 Portionen Gemüse und Obst am Tag, möglichst frisch, nur kurz gegart oder gelegentlich auch als Saft oder Smoothie – zu jeder Hauptmahlzeit und als Zwischenmahlzeit: Damit werden Sie reichlich mit Vitaminen, Mineralstoffen sowie Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen versorgt und verringern das Risiko für ernährungsmitbedingte Krankheiten. Bevorzugen Sie saisonale Produkte.
  4. Milch und Milchprodukte täglich, Fisch ein- bis zweimal in der Woche, Fleisch, Wurstwaren sowie Eier in Maßen
    Diese Lebensmittel enthalten wertvolle Nährstoffe, wie z. B. Calcium in Milch, Jod, Selen und n-3 Fettsäuren in Seefisch. Entscheiden Sie sich bei Fisch für Produkte mit anerkannt nachhaltiger Herkunft. Im Rahmen einer vollwertigen Ernährung sollten Sie nicht mehr als 300 – 600 g Fleisch und Wurst pro Woche essen. Fleisch ist Lieferant von Mineralstoffen und Vitaminen (B1, B6 und B12). Weißes Fleisch (Geflügel) ist unter gesundheitlichen Gesichtspunkten günstiger zu bewerten als rotes Fleisch (Rind, Schwein). Bevorzugen Sie fettarme Produkte, vor allem bei Fleischerzeugnissen und Milchprodukten.
  5. Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel
    Fett liefert lebensnotwendige (essenzielle) Fettsäuren und fetthaltige Lebensmittel enthalten auch fettlösliche Vitamine. Da es besonders energiereich ist, kann die gesteigerte Zufuhr von Nahrungsfett die Entstehung von Übergewicht fördern. Zu viele gesättigte Fettsäuren erhöhen das Risiko für Fettstoffwechselstörungen, mit der möglichen Folge von Herz-Kreislauf-Krankheiten. Bevorzugen Sie pflanzliche Öle und Fette (z. B. Raps- und Sojaöl und daraus hergestellte Streichfette). Achten Sie auf unsichtbares Fett, das in Fleischerzeugnissen, Milchprodukten, Gebäck und Süßwaren sowie in Fast-Food und Fertigprodukten meist enthalten ist. Insgesamt 60 – 80 Gramm Fett pro Tag reichen aus.
  6. Zucker und Salz in Maßen
    Verzehren Sie Zucker und Lebensmittel bzw. Getränke, die mit verschiedenen Zuckerarten (z. B. Glucosesirup) hergestellt wurden, nur gelegentlich. Würzen Sie kreativ mit Kräutern und Gewürzen und wenig Salz. Wenn Sie Salz verwenden, dann angereichert mit Jod und Fluorid.
  7. Reichlich Flüssigkeit
    Wasser ist lebensnotwendig. Trinken Sie rund 1,5 Liter Flüssigkeit jeden Tag. Bevorzugen Sie Wasser – ohne oder mit Kohlensäure – und energiearme Getränke. Trinken Sie zuckergesüßte Getränke nur selten. Diese sind energiereich und können bei gesteigerter Zufuhr die Entstehung von Übergewicht fördern. Alkoholische Getränke sollten wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Risiken nur gelegentlich und nur in kleinen Mengen konsumiert werden.
  8. Schonend zubereiten
    Garen Sie die Lebensmittel bei möglichst niedrigen Temperaturen, soweit es geht kurz, mit wenig Wasser und wenig Fett – das erhält den natürlichen Geschmack, schont die Nährstoffe und verhindert die Bildung schädlicher Verbindungen. Verwenden Sie möglichst frische Zutaten. So reduzieren Sie überflüssige Verpackungsabfälle.
  9. Sich Zeit nehmen und genießen
    Gönnen Sie sich eine Pause für Ihre Mahlzeiten und essen Sie nicht nebenbei. Lassen Sie sich Zeit, das fördert Ihr Sättigungsempfinden.
  10. Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben
    Vollwertige Ernährung, viel körperliche Bewegung und Sport (30 – 60 Minuten pro Tag) gehören zusammen und helfen Ihnen dabei, Ihr Gewicht zu regulieren. Gehen Sie zum Beispiel öfter einmal zu Fuß oder fahren Sie mit dem Fahrrad. Das schont auch die Umwelt und fördert Ihre Gesundheit.“

Nur die Regeln 2 und 3 muss sich besonders ansprechen. Dort „spielt die Musik“, während in allen anderen Punkten fast durchweg unter allen Ernährungsexperten im In- und Ausland volle Übereinstimmung besteht. Ob man nun täglich Sport betreiben soll oder jeden 2. Tag, kann man anders beurteilen, ist aber auch nicht so wichtig, Hauptsache man kommt nicht ganz aus dem Tritt.

 

Regel 2: Reichlich Getreideprodukte und Kartoffeln

Die Lebensmittel, aus denen Brot, Getreideflocken, Nudeln, Reis hergestellt werden wie auch die Kartoffeln enthalten reichlich Vitamine, Mineralstoffe sowie Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Aber wie kann man dazu raten, ohne Rücksicht auf ihre Zubereitung regelmäßig viel davon zu essen?

Bei längerer Hitzebehandlung über 58 ° C hinaus verlieren Getreidesaaten und Kartoffeln alle ihre Nahrungsenzyme und den Großteil ihrer Vitamine, Mineralsteffe und sekundären Pflanzeninhaltsstoffe! Die DGE erklärt zwar, dass man bei Getreide möglichst auf Vollkornprodukte setzen soll. Aber wenn sie zu Mehl gemahlen und dann Temperaturen von bis zu 300 °  C ausgesetzt werden, bringt das nicht viel.

Unter Regel 8 erklärt die DGE zwar, dass man Lebensmittel bei möglichst niedrigen Temperaturen garen soll, soweit es geht kurz, mit wenig Wasser und wenig Fett, weil das u.a. die Nährstoffe schont. Der Vorschlag, wenn es nicht anders geht, auch langsam bei niedrigen Temoeraturen zu garen, kommt der Praxis in den meisten deutschen Küchen nahe. Er ist aber falsch. Der Hinweis auf „wenig Wasser“ ist dagegen richtig. Wenn Getreide und Kartoffeln dampfgegart werden, erfahren sie lange Zeit hohe Temperaturen, schonen aber dennoch die Inhalsstoffe. Im Übrigen ist die Höhe der Temperatur weit weniger wichtig als die Dauer der Hitzeeinwirkung. Denken Sie nur an die Öfen, die Steaks in kürzeszter Frist bei 800 °C so garen, dass sie innen ganz saftig bleiben und auch ihre Vitalstoffe weitgehend behalten.

Wenn die DGE schon von Getreideprodukten und Vollkorn redet, gehörte es sich, dass sie auch ein Wort über den Verzehr roher Getreidepreukte verlöre, beispielsweise über Haferflocken, bei denen die rohen Körner nur gequetscht sind. Natürlich würde das auch eine Beschäftigung mit der Frage nach sich ziehen, ob es Sinn macht roh zu essen ohne zuverlässig alle Zellen der Pflanzen durch Zerbeißen oder Mahlen zu öffnen. Der DGE-interne Ernährungskreis schlägt, wie ich im Beitrag http://www.essenspausen.com/ein-leben-ohne-rohkost-geht-nicht/ ausgeführt habe, immerhin vor, dass man am Tag  neben einer Portion Kartoffeln, Nudeln oder Reis alternativ

4 – 6 Scheiben (200 – 300 g) Brot  o d e r
3 – 5 Scheiben (150 – 250 g) Brot un 50 – 60 g Getreideflocken

essen solle. Damit ist die DGE mindestens alternativ einmal bei einem kleinen Stück Rohkost – allerdings ohne darauf hinzuweisen, dass sie uns nicht bekommt, wenn wir die nicht richtig essen! Eine wirklich wichtige Rolle spielt die Rohkost damit noch nicht.

 

Regel 3: Gemüse und Obst – Nimm „5 am Tag“

Heute sagt die DGE noch immer, dass man 5 Portionen Gemüse und Obst am Tag essen solle. Neu sind die Hinweise auf  ihre Vorbehandlung: möglichst frisch, nur kurz gegart oder gelegentlich auch als Saft oder Smoothie – zu jeder Hauptmahlzeit und als Zwischenmahlzeit.

Unmerklich hat sich da eine Änderung gegenüber den Veröffentlichungen des DGE-internen Ernährungskreises eingeschlichen, der für Gemüse und Salat noch täglich vorsah (und 2 x täglich 250 g Obst:

mindestens 3 Portionen (400 g) Gemüse
300 g gegartes Gemüse und 100 g Rohkost/Salat  o d e r
200 g gegartes Gemüse und 200 g Rohkost/Salat

Der verbindliche Anteil  von nur 100 g Rohkost am Tag trug ihrer Bedeutung nicht ausreichend Rechnung. Der jetzige Hinweis, dass  Gemüse und Obst wann möglich frisch verzehrt werden solle, sonst nur kurz gegart (wie in der japanischen Küche) oder auch als Saft oder Smoothie bedeutet eine wichtige Öffnung für die Rohkost. Ich gehe davon aus, dass die Erfindung des Grünen Smoothies durch Victoria Boutenko, die weltweit für Furore gesorgt hat, für diese Bewegung bei der DGE gesorgt hat. Aber vielleicht hat auch die nagende Kritik vieler hervorragender Ernährungswissenschaftler wie insbesondere von Professor Dr. Claus Leitzmann von der Gießener Rohkostschule endlich Wirkung gezeigt.

Reine Rohköstler werden wahrscheinlich auch jetzt keine Ruhe geben. Sie propagieren ja eine volle Umkehr zur Rohkost. Das indessen überzeugt mich nicht. Alles was der Mensch für seine optimale Funktion braucht, gewinnt er auch durch eine Kombination gemischter gekochter Nahrung mit einem gewissen Anteil an roher Kost (Saaten, Nüssen, Kräuter, Gemüse und Obst). Mit der jetzigen Hinwendung zu einem kleinen. aber erkennbaren Pflichtanteil an frischer (roher) Kost hat die DGE m.E. in dieser Frage alles getan was nötig ist.

Keine Bewegung zeigt die DGE betreffend die Zahl der täglichen Mahlzeiten. Bis in die  Frage der Häufigkeit und der Verteilung der Essgelegenheiten über den Tag ist der neue Wind bei der DGE leider nicht gedrungen. Da bleibt sie bei den unvernünftigen drei Hauptmahlzeiten und zwei weiteren Zwischenmahlzeiten. Sie gibt damit weiter grünes Licht dafür, dass man sich den ganzen Tag hindurch von einer Mahlzeit zur nächsten durchhangelt. Ich zweife nicht, dass auch diese Bastion bald geschliffen werden wird.