Zucker + Fett in Kombination sind doppelt gefährlich
Erstellt von r.ehlers am Sonntag 1. März 2015
-ard.de-
Eineiige Zwillinge im Test: Dr. Chris VanTulleken (Suche nach Zucker als dem Hauptfeind) und Dr. Xand Van Tulleken (Suche nach Fett als dem Hauptfeind)
Am Freitag, 27.2.2015, 21.45 Uhr strahlte der Sender Arte eine britische Dokumentation aus, deren Ergebnisse für jeden gesundheitsbewussen Menschen gut zu wissen sind:
Zucker oder Fett: Was schadet mehr?
Die Programmankündigung versprach, mit einigen Ernährungsklischees aufzuräumen. Die Untersuchungen erbrachten über die eigentliche Fragestellung hinaus dann auch folgende wichtige Erkenntnis :
Es geht bei der richtigen Ernährung nicht hauptsächlich um Zucker o d e r Fett, sondern um ihren kombinierten Verzehr.
Von Zucker und Fett darf man natürlich nicht beliebig viel essen, weil der Körper als Fett ablegt, was er nicht verbraucht.Wer aber konsuliert schon Berge an Brokkoli oder pfundweise Butter? Schokolade, Käsekuchen und Eiskrem sind die Verführer zum Überessen, denen wir nicht widerstehen können!
In der Programmankündigung – http://programm.ard.de/TV/Programm/Alle-Sender/?sendung=2872413896181446 – heißt es:
„Eine zu fett- und zuckerhaltige Ernährung hat schwere Folgen für die Gesundheit und begünstigt Krankheiten wie Krebs, Fettleibigkeit, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Doch was ist schlimmer: zu viel Zucker oder zu viel Fett? Der Dokumentarfilm geht dieser Frage anhand eines Selbstversuchs nach, den zwei eineiige Zwillingsbrüder in den Mittdreißigern einen Monat lang durchführten – mit überraschenden Ergebnissen.
In den westlichen Gesellschaften hat sich die fett- und zuckerhaltige Ernährung zu einem echten Problem für die öffentliche Gesundheit entwickelt. Krankheiten wie Krebs, Fettleibigkeit, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind auf dem Vormarsch und jährlich für 35 Millionen Todesfälle weltweit verantwortlich – mehr als die Infektionskrankheiten. Doch was ist schlimmer: zu viel Zucker oder zu viel Fett? Diese Frage beantwortet der Dokumentarfilm auf wissenschaftliche und zugleich spielerische Weise, und zwar mit einem doppelten Selbstversuch.
Chris und Xand Van Tulleken sind eineiige Zwillinge in den Mittdreißigern, haben die gleichen Gene und einen ähnlichen Lebenswandel. Einen Monat lang testeten sie die Auswirkungen von Fett und Zucker auf den eigenen Körper. Der eine nahm eine stark zuckerreiche und fettarme Nahrung zu sich, der andere eine fettreiche Nahrung ohne Zucker. So konnten sie sicher sein, dass die Veränderungen in ihrem Körper ausschließlich auf die Ernährung zurückzuführen sind. Bei ihrem Experiment wurden sie von einem Ernährungsberater begleitet, ließen Gewichts- und Körpermasseschwankungen untersuchen, ihren Blutdruck, Cholesterin- und Blutzuckerspiegel messen und unterzogen sich physischen und kognitiven Leistungstests – mit teils überraschenden Ergebnissen.
So räumt der Film mit einigen Klischees der Ernährungswissenschaft auf: Die Kalorien aus Kohlenhydraten sind nicht etwa „schlimmer“ als die aus Fett, und der Konsum von Fett macht nicht unbedingt dick. Gefährlich sind vielmehr die Auswirkungen der Kombination aus Fett und Zucker. Diese löst im Gehirn kein Völlegefühl aus und führt zu einer regelrechten Abhängigkeit. Wer abnehmen beziehungsweise nicht zunehmen will, sollte also vor allem auf den Fett-Zucker-Mix verzichten. Doch genau der steckt in den meisten Fertiggerichten und ist die Geschäftsgrundlage der Lebensmittelindustrie.“
Im Gegensatz zu dieser zutreffenden Beschreibung des Inhalts der Sendung wird erst durch einige Details der Dokumentation klar, dass am Ende klare Erkenntnisse stehen, über die man künftig nicht mehr sinnvoll streiten kann.
Zucker oder Fett
Absolut ungewöhnlich ist, dass im vorliegenden Fall wissenschaftliche Erkenntnisse aus einer Studie mit nur zwei Teilnehmern über den Zeitraum eines Monats abfallen sollten, die seltsamerweise auch beide Ärzte sind, also nicht die typischen Patienten. Immerhin haben beide als eineiige Zwillinge exakt dasselbe Erbgut, die gleiche Erziehung und die gleichen beruflichen Anforderungen. Wenn also eine kohlenhydratreiche und fettarme Diät bei den Gesundheitsmarkern viel ausmachen soll im Vergleich zu einer kohlenhydratarmen und fetten Diät, dann sollte das wohl bei diesen beiden Probanden deutlich sichtbar werden. Da Versuche mit großen Zahlen von Laborratten die Ergebnisse bestätigt haben, hat auch diese Ministudie mit den beiden eineiigen Ärzten ihre volle Relevanz.
Chris aß einen Monat lang ausschließlich kohlenhydratreiche Nahrung, die bewusst zuckerlastig aber fettarm ist wie Obst, Gemüse, Brot, Backwaren und Nudeln. Xand dagegen kriegte die ganze Zeit über nichts von alledem, dafür aber reichlich Fleisch, Eier, Milch und Käse.
Bei aller Gleichheit im Übrigen fing Xand beim Versuch an mit einem Körperfettanteil von 26,7 %, während sein Bruder Chris mit 23,6 % etwas günstiger lag.Ihr Sauerstoffverbrauch in der Atemluft in Ruhe war ähnlich, auch ihre Insulin- und Cholesterinspiegel.
Nach zwei Wochen dieser extremen Diät machten beide ein kontrolliertes fiktives Spielchen als Trader mit 100.000,00 $ Spielgeld. Chris schnitt deutlich besser ab, er schien merkfähiger zu sein als sein Bruder.Das Gehirn kann nur das Kohlenhydrat Glukose als Energieträger verwenden. Wer davon nicht reichlich im Blut hat, muss es im Wege der Neoglukogenese selbst aus Fett aufbauen. Auch beim Fahrradtest zeigte sich, dass Chris am Ende besser abschnitt, auch wenn er nach 45 Minuten im Gegensatz zu Xand als erster einen starken Abfall beim Blutzucker hatte. Nach einer Stunden hatten ihn aber beide. Der Puls bei Chris betrug 154 Schläge in der Minute, bei Xand 177. Dann wurden sie mit dem Rad einen kleinen Berg hinauf gejagt. Chris fuhr dabei seinem Bruder ohne großen Pulsanstieg davon, während bei Xand der Puls auf 200 Schläge anstieg.
Einen weiteren Unterschied zeigte die neue Messung des Gewichts und der Muskel-Fett-Relation. Obwohl sie essen konnten, was sie wollten, hatten beide abgenommen! Geht also weder von Kohlenhydraten noch von Fett eine Gefahr des Übergwichts aus? Chris, der soviel Kohlenhydrate aß wie er wollte, nahm 1 kg ab, davon 1/2 kg Körperfett, und 1/2 kg Muskelmasse. Xand, der soviel Fett aß, wie es ihm passte, nahm sogar 3,5 kg ab, davon aber nur 1,5 kg Fett und 2 kg Muskelmasse, was natürlich ein großer Nachteil ist..Die Cholesterinwerte hatten sich übrigens bei beiden innerhalb des einen Monats der Dauer der Diät nicht verändert. Geändert hat sich aber in unterschiedlicher Weise die Fähigkeit, Insulin zu produzieren, Im Gegensatz zum fetten Essen macht das süße Essen nicht insulinresistent. Fett zu essen dagegen ist der beste Weg in den Diabetes II.
Alles in allem gesehen ist die übertriebene Fettzufuhr noch schlechter als der übertriebene Kosnum von Kohlenhydraten. Wer aber macht denn das überhaupt. Niemand isst mengenweise kohlenghydrathaltiges Gemüse, Obst oder gar schieren Zucker. Erst recht trinkt kaum jemand literweise Öl oder verlegt sich darauf, in großen Mengen den Fettrand beim Fleisch zu essen.
Das Fazit ist, das es unsinnig ist, auf Fette und auch auf Kohlenhydrate weitgehend zu verzichten. Wir brauchen die Kohlenhydrate zum schnellen Energieaufbau, nicht nur im Sport, sondern auch bei ganz normaler täglicher Anforderung. Ein bloßer Schwerpunkt bei Kohlenhydraten oder Zucker macht aber nicht übergewichtig. Bei Fetten ist es ähnlich. Eine gewisse Menge davon, besonders in Form ungesättigter Fettsäuren, ist für viele Körperfunktionen unerlässlich. Zudem brauchen wir Fett als Baufett zur Einlagerung der Organe.
Drogenähnliche Abhängigkeit vom süß-fetten Essen
Die seit langem bekannte These, dass Schokolade, Sahnetorte und ähnliche kohlenhdratreiche Speisen den Menschen regelrecht esssüchtig machen, ist inzwischen durch viele Studien belegt, wenn auch mit Ratten als Versuchstieren, z.B. durch Johnson und Kenny, s http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2947358/.
In der Natur gibt es solche Nahrung überhaupt nicht. Obst und Honig sind nur süß,aber niemals fett. Fettenahrung ist von sich aus niemals süß. Erst die Kombination beider Geschmäcker macht dieKonsumenten, ob Tier oder Mensch, völlig verrückt. Tests mit Donuts und Käsekuchen haben ergeben, dass glasierte Donuts und Käsekuchen in optimaler Weise 50:50 süß und fett sind. Jetzt weiß ich erst, warum ich als Kind immer versessen war auf Käsekuchen. Ich würde wetten, dass Spritzgebäck, auf das ich ebenso „scharf“ war, die gleiche Ratio aufweist.
Es ist daher richtig, dass die Fallfrage, ob Zucker oder Fett schädlicher sind, nicht so spannend ist. Beides hat seinen Ernährungswert und ist schädlich im Übermaß. In der Kombination erweist es sich dagegen als Suchtmittel, das den Menschen verleitet, wider Sinn und Verstand Industrieprodukte mit gesättigten Fetten und Einfachzuckern bei jeder Gelegenheit zu konsumieren.
Dass die Verteufelung von Fett allein wie seit Jahrzehnten quasi offiziell oder Zucker allein, wie seit einigen Jahren nach Professor Dr. Lustig weithin in den USA nicht richtig ist, habe ich bereits vor einigen Jahren hier erläutert, s. http://www.essenspausen.com/droge-zucker-falsche-sundenbocke-auf-dem-essteller/ und http://www.essenspausen.com/droge-zucker-ii/ .
Gerade der von Professor Dr. Paul Kenny festgestellte Zusammenhang zwischen der Belohnung des Essers süß-fetter Nahrung über die Lockung des Glückshormons Dopamin lässt mich annehmen, dass es über die duale Beziehung zwischen Serotonin und Dopamin zu erklären ist, dass eine zentralnervöse Erhöhung von Serotonin als Ess- und Suchtkontrollhormon den Menschen befähigt, sich von den eingefleischten Gewohnheiten des Verzehrs gerade dieser Dickmacher zu verabschieden.