Gesundheitswesen: Frei oder reguliert?
Erstellt von r.ehlers am Donnerstag 16. Oktober 2014
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„Was ist das für eine Frage?“, werden Sie vielleicht einwenden, „wir haben doch kein freies Gesundheitswesen! Ein freies Gesundheitswesen haben die USA, die nicht einmal eine Krankenversicherung für jedermann kennen.“
Wir haben im Interesse der Bürger immerhin die freie Arztwahl und dürfen –auf eigene Kosten- sogar Hilfe bei Heilpraktikern suchen, die über das Instrumentarium der orthodoxen Medizin hinaus Methoden der Erfahrungsmedizin einbringen. Bund und Länder sind die Träger der Einrichtungen der medizinischen Wissenschaft und Lehre, wo diese in privater Hand liegen, übernehmen sie den Löwenanteil der Kosten. Damit tragen sie auch einen Anteil an den Kosten der Forschung. Im Interesse des Verbraucherschutzes kontrolliert der Staat die Wirksamkeit der Arzneimittel und die Richtigkeit der Aussagen über die Wirkungen aller gesundheitlich relevanten Produkte – einschließlich der Lebensmittel und damit auch der Nahrungsergänzungsmittel.
Indem der Staat es den Herstellern und Verkäufern sogar untersagt, mögliche gesundheitliche Hilfen durch diese Produkte auch nur anzusprechen, greift er sogar auf unsinnige Weise dirigistisch in einen wichtigen Bereich des Gesundheitswesens ein.
Ganz frei ist da wenig. Niemand wird daher etwas dagegen sagen, dass der Staat den Therapeuten nicht vorschreibt, welche Wege – einschließlich der Auswahl der verfügbaren Medikamente – sie zur Förderung der Gesundheit nutzen. Richtig ist sicher auch, dass der Staat der Pharmaindustrie nicht vorschreibt, wonach die forschen und was sie herstellen sollen.
Und doch schafft unser Staat nur den Rahmen, in dem die Akteure im System ohne staatliche Vorgaben entscheiden, was praktisch geschieht. Von diesem Rahmen abgesehen gilt der liberalistische Grundsatz des „Laissez faire, laissez passer“, zu Deutsch:
Unser Nachtwächterstaat lässt die Dinge einfach laufen.
Unser Staat hat keinen Plan darüber, wie sich das Gesundheitswesen entwickeln soll. Er sieht vielmehr untätig zu, wie sich das System wirtschaftlich selbst auffrisst. Im blinden Vertrauen, dass auch im Gesundheitswesen die Freiheit des Wirtschaftens wie von unsichtbarer Hand alles zum Besten für die Allgemeinheit fügt, sieht er nur untätig zu, wie die in der Entstehung unerforschten Zivilisationskrankheiten immer mehr zunehmen und das ganze System unbezahlbar machen.
Jeder weiß, worum es geht. In der großen Masse essen wir falsch und viel zu viel, besonders zu viel tierische Nahrung. Massenhaftes Übergewicht, Stoffwechselstörungen, Diabetes, Herz- und Kreislauferkrankungen und ihnen nachfolgend die Fülle der psychischen Erkrankungen nehmen lawinenartig zu. Ironischer Weise galoppieren die Kosten umso schneller davon, je länger die Medizin die vielen kranken Bürger am Leben erhält.
Dass wir im Gesundheitswesen auf einen Abgrund zusteuern, ist längst ausgemacht. Die Bürger sollen das aber möglichst nicht wissen, weil sie sonst den Parteien, die sich um die Probleme nicht kümmern, bei den Wahlen keine Stimme mehr gäben. Darum macht der Staat mit Hilfe der Medien fleißig Werbung dafür, dass es uns so gut ginge wie nie zuvor.
Richtig ist daran nur, dass das möglich wäre, wenn sich der Staat – bei Aufrechterhaltung des freien Handlungsrahmens – aktiv in die Zukunftsplanung einbrächte, etwa bei folgenden Themen:
- Prävention: Heute bezahlt der Staat nur hier und da Kampagnen, die die Bürger zu einem gesünderen Essverhalten und einer aktiveren Lebensweise verleiten sollen. Bewirkt wird dadurch weniger als durch eine Seifenreklame.
- Abkehr von der Förderung der Agrarfabriken zugunsten biologischer Erzeugung
- Förderung der regionalen Erzeugung und Nutzung von Lebensmitteln. Das bedeutet eine Einschränkung des freien globalen Handels, der nur den Konzernen dient und hemmungslos ganze Länder verarmen lässt.
- Besoldung der Therapeuten nach dem Maß ihres Erfolges in der Gesunderhaltung ihrer Patienten (in Anlehnung an holländische und frühe chinesische Vorbilder).
- Aufbau staatlichen Gesundheitswissens und seiner vorschlagsweisen Verbreitung
Wie konnte es nur dazu kommen, dass bei uns nach und nach alle wichtigen gesellschaftlichen Bereiche, insbesondere im Gesundheitswesen, dereguliert wurden? Wir stehen doch davor, bald auch noch unser Militär und die Gefängnisverwaltung zu privatisieren (möglichst unter Einsatz von Billiglöhnern)!
Seit es sich in der Realität gezeigt hat, dass eine staatliche Kommandowirtschaft nicht erfolgreich arbeitet, hat sich die unsinnige Meinung durchgesetzt, dass es keine Alternative dazu gäbe, dass die Wirtschaft in jeder Beziehung frei sein müsste. Zu gern beziehen sich die Verfechter des gnadenlosen Liberalismus auf den Urvater des Kapitalismus, Adam Smith. Dieser hat aber nachdrücklich davor gewarnt, den Mechanismen des freien Marktes (Arbeitsteilung, Erwerbsstreben) völlig freien Lauf zu geben.
– de.wikipedia.org-
Adam Smith, kein Liberalist, sondern ein Wirtschaftsethiker