Umami und Geschmacksverstärker
Erstellt von r.ehlers am Freitag 21. März 2014
Wer hätte gedacht, dass es in Bezug auf den seit Millionen von Jahren täglich von uns Menschen und unseren Vorläufern genutzten Geschmackssinn Neues zu entdecken gäbe. Und doch gelang dies dem Japaner Ikeda Kikunae im Jahre 1909.
Er schaute genauer hin als alle Menschen vor ihm und fand mit seinen Experimenten neben den vier allgemein bekannten Qualitäten des Geschmackssinns
- süß,
- sauer,
- salzig und
- bitter
die fünfte Qualität des Geschmacks, die nach seiner Vorgabe heute weltweit
- umami genannt wird.
Was als „Schärfe“ bei Speisen wahrgenommen wird, ist in Wirklichkeit gar kein Geschmack, sondern eine Schmerzempfindung auf der Zunge, ausgelöst durch bestimmte reizende Substanzen. Chili z.B. enthält die geschmacklose Substanz Capsaicin, die beim Essen biochemisch die Thermorezeptoren der den Mundraum versorgenden Hauptgesichtsnerven (Trigeminus) stimuliert, welche daraufhin ein Schmerzsignal an das Gehirn senden. Dieselben Rezeptoren reagieren auf Wärmereize über 43° C, also auf zu heiße Speisen, bei denen man sich die Zunge „verbrennt“.
Die Zunge eines Säuglings hat an die 10.000 Geschmacksknospen, der Erwachsene hat nur noch rd. 5.000 davon. Im Alter gehen sie zurück auf nur noch 2.000. Die Forschung hat ermittelt, wo die Schwerpunkte für die Erzeugung der „alten“ Geschmacksrichtungen sind. „Süß, „sauer“ und salzig schmecken wir vorwiegend vorn mit der Zungenspitze und den Seiten der Zunge, während sich der Bittergeschmack hauptsächlich am Zungengrund meldet. Ob „umami“ auch einen besonderen Ort auf der Zunge hat, habe ich in der Literatur nicht feststellen können. Meine eigenen Wahrnehmungen gehen dahin, dass dieser Wohlgeschmack alle Geschmacksknospen zugleich anspricht.
Umami (jap.: 旨味) läßt sich umschreiben mit „köstlich“, „wohlschmeckend“, „vollmundig“, „fleischig und herzhaft“.
Vermittelt wird dieser Geschmack durch die chemische Reaktion unserer Geschmacksknospen auf die Aminosäure Glutaminsäure, auch Glutamat genannt. Glutamat wird im ganzen Körper gebraucht. Annähernd 2 kg davon sind fest in unsere Knochen eingelagert. Immerhin noch 10 g sind freies Glutamat, von dem 2 g im Gehirn gebraucht werden, wo es der wichtigste aktivierende Botenstoff (Transmitter) ist. Daher ist es ein natürlicher Geschmacksverstärker. Es ist in den proteinreichen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch und Meeresfrüchten enthalten, reichlich aber auch in Sojasoße, Roquefort-Käse, Parmesan, Shiitake-Pilzen, vollreifen Tomaten, Selleriesaat, Brühe, Fond, Fleischextrakt, Hefeextrakt, Maggi-Würze, Bratensoße und Muttermilch. Dort ist der Verzehr gesundheitlich unbedenklich.
Wenn Glutamat aber den Speisen zugesetzt wird, droht schnell die Gefahr der Überdosierung. Im Gehirn kann das zu schädlichen Läsionen führen. Wir tun also gut daran, uns von Lebensmitteln, denen Glutamat zugesetzt ist, fern zu halten, das sich gern in Fertignahrung versteckt. Vor Jahren wurde es üppig in allen China-Restaurants in den westlichen Ländern eingesetzt (China-Resturant-Syndrom). Heute werben einige von ihnen schon damit, dass sie keine Geschmacksverstärker einsetzen.
Der Weltmarkt für künstlich hergestelltes „ Monosodium L-Glutamat (MSG)“ wächst indes noch immer. 2009 betrug er etwa 2 Millionen Tonnen, die vorwiegend in Japan produziert werden.