Erstellt von r.ehlers am 8. März 2016
Können alle zugleich Recht haben? (s.die Lösung am Ende des Beitrags)
Ob wir es uns bewusst machen oder nicht: Unser Leben wird tief ins tägliche Leben hinein beeinflusst von fundamentalen Fragestellungen der großen Philosophen, die sich dank der Arbeit der Theologen mit verschiedenen Schwerpunkten und unterschiedlichen Antworten auch in allen Religionen wiederfinden.
Manche dieser Problemkreise ziehen sich wie Schleifen immer wieder in die Gespräche, die wir Menschen miteinander führen. Wir sind uns dessen regelmäßig nicht bewusst, auch nicht, dass wir uns innerlich sogar regelrechte Strategien zurechtlegen, um auch der nächsten Konfrontation mit diesen Fragen gewappnet zu sein. Ich greife hier die bei abstrakter Betrachtung wohl wichtigste Frage heraus, die sich immer wieder in unser Bewusstsein schiebt, auch wenn wir genau wissen, dass wir sie nicht zwingend in der einen oder anderen Richtung beantworten können:
- Es geht darum, ob die Dinge dieser Welt unabhängig von unserer Betrachtung da sind.
Die Frage ist, ob da wirklich etwas ist, ob es ein Sein als solches gibt -ohne dass wer zuschaut -, oder ob es erst existent wird, wenn wir es wahrnehmen und ob es sich je nach der Art der Betrachtung ändert. Einstein hatte bereits nachgewiesen, dass die Zeit in einer Relation zum Betrachter und der Bewegungen zwischen ihm und einem Objekt steht. Die Quantenphysiker haben festgestellt, dass es von unserer Betrachtung abhängt, ob ein Elementarteilchen an diesem oder einem anderen Ort existiert oder an beiden zugleich.
Ich halte es nicht für wahrscheinkich, dass die Relation von Energie, Masse und Geschwindigkeit oder auch die Volatilität des Seins auf Quantenebene für unser Denken und unser praktisches Leben eine grundstürzende Relevanz hat. In den kleinen Welten des Mikrokosmos haben wir bisher gerade mal erkennen können, dass es Ungereimtheiten gibt, mehr nicht.
Im realen Leben müssen wir mit dem auskommen, was wir uns vorstellen und was wir begreifen können. Realiter zählt auch nicht nur, was jeder für sich in seinem Gehirnkästel erlebt, unverzichtbar ist es, mit unseren Mitmenschen zu einander mitteilbaren und nachvollziehbaren Bildern zu kommen. Vergessen wir einmal alle hochfliegenden Phantasien, so erkennen wir, dass wir praktisch sehr gut damit zurecht kommen, wenn wir von der objektiven Existenz aller Dinge ausgehen, die wir mit unseren Sinnen erkennen und dank unserer Sprache mit Namen belegen können. Dennoch will kaum einer die ins nicht Begreifbare reichenden Fragen einfach abschalten und pflegt immer wieder seine sog. Feierabendphilosophie.
Wenn einer aber fest glaubt, dass er gerade durch seinen Glauben in die Lage versetzt ist, gültige Antworten auf die der Ratio unzugänglichen Fragen zu geben, hat natürlich eine schlüssige Lebenseinstellung, die solange hält wie sein Glaube. Nimmt man jeden Glauben ernst, können sich nur noch die Gläubigen einer Richtung unter sich verstehen, und alle anderen bleiben außen vor. Die Ungläubigen werden dann meist verteufelt und umgebracht oder in Gedanken zur Hölle geschickt, wie das heute besonders die islamistischen Gotteskrieger tun. Der weltanschauungsneutralen säkularisierten Staat wie der unsere entscheidet zwar keine philosphischen Standpunkte, er lässt aber keine Macht einzelner Glaubensrichtungen zu. Sein Vorurteil, dem er mit seiner Macht und dem Recht Geltung verschafft ist, trifft sich mit der unbefangnen Beurteilung durch den „gesunden“ Menschenverstand, der vom realen Sein der Dinge ausgeht. Für die Frage nach einer klugen Lebensgestaltung bzw. einer philosophischen Lebenskunst ergibt sich, dass wir recht daran tun,
- so zu leben, als ob alles wirklich ist, was wir in Übereinstimmung mit unseren Mitmenschen als wirklich deklarieren.
Weiterlesen »