Erstellt von r.ehlers am 31. März 2016
Die nachfolgenden Thesen verstehen sich als Ergänzung zum Beitrag http://www.essenspausen.com/schoenheit-ihr-gnadenloses-regime-ueber-die-menschen/.
1. Weil das Streben der Menschen von ihrer Natur her so sehr auf den Besitz von Schönheit – des eigenen Körpers wie den anderer schöner Personen und Sachen – ausgeht, findet in der menschlichen Gesellschaft die Suche nach einer Sinngebung immer mehr über die Investition in „das körperliche Kapital“ (Pierre Bourain) statt.Während der Sitz schöner Dinge mit dem Haben wertvoller Objekte vergleichbar ist, ist das personale Schönsein ein ganz besonderer Besitz, der zumindest im Ansatz dafür sorgt, dass sich seine Inhaber deswegen aus dan anderen hervorgehoben und dadurch „glücklich“ fühlen. Schließlich können sie sich der Aufmerksamkeit und der Anerkennung sicher fühlen. Dies ist die Basis für den beklagenswerten Körperkult, den es schon immer gab, der aber in unserer heutigen materialistischen Gesellschaft schlimme Blüten treibt. Denken Sie nur an das wiederholte „Lifting“ der Gesichter älterer Menschen, die damit wichtige äußeren Zeichen ihrer historischen Persönlichkeitsentwicklung vernichten. Dazu gehört auch das extreme Bodybuilding, das sich vom Interesse an einem kräftigen und funktionsfähigen Körper im Interesse eines austauschbaren Schönheitsideals ganz verabschiedet. Ohne sinnvolles Ziel ist auch das Herumschneiden und Auffüllen der weiblichen Brust, die damit ganz ihrer biologischen Funktion entzogen wird. Mit solchen wahnwitzigen Eingriffen, zu denen auch das Aufspritzen der Lippen gehört, verlassen die Menschen den Körperkult in Richtung auf den Schönheitswahn.
2. Zur sozialen Erfahrung, die jeder Mensch bereits in jungen Jahren macht, gehört es, dass er das, was von den Mitmenschen an einem als schön angesehen wird, auch richtig in Szene setzen muss. Ein „Mauerblümchen“ oder ein „Aschenputtel“, die ihre schönen Seiten verstecken, können die sozialen Vorteile einer richtig präsentierten strahlenden Schönheit nicht genießen. Schöne Menschen lernen, ihr Kapital voll zu nutzen. Sie legen vermehrt Wert auf eine wirkungsvolle „Kriegsbemalung“ (Make-Up), auf reizvolle Kleidung und schöne Asseessoires, die gar nicht glanzvoll genug sein können. Das geht im Extremfall bis zum passenen Automobil, dem passenden Hund und dem passenden (zahlungskräftigen) Ehemann. Zuvorderst gehört dazu aber die Beherrschung schaupielerischer Techniken, der Pflege spezifischer Körperhaltungen (ich meine natürlich nicht die „Merkel-Raute“) und die Blicknavigation.
3. An diesem unreflektiert oder auch ganz bewusst betriebenen Einsatz der persönlichen Schönheitsausstattung nehmen auch Männer teil, obwohl ihnen in unserer Gesellschaft traditionell und unbeachtet aller Bemühungen um die Emanzipation der Frau ein großer Bedeutungsvorschuss gegenüber den Frauen gegeben wird. Ihre Anerkennung als ernst zu nehmenden rationalen Wesen funktioniert zwar nie ganz ohne Beachtung erfolganzeigender Kriterien wie Schlankheit, Drahtigkeit und attraktiver Gesichtszüge. Bei Männern kann man darauf aber in Einzelfäälen auch verzichten, sodass selbst ein sehr dicker Mann ohne besonderen Leistungsnachweis wie der Kanzleramtsminister Peter Altmaier ein hohes Amt erreichen kann, während Frauen besser Diät halten, wenn man nicht mit dem Finger auf sie zeigen soll. Im politischen Machtgefüge kann es sogar ein Vorteil sein, wenn gerade ein Mann überaupt nicht attraktiv aussieht. So wünscht sich doch Julius Caesar bei Shakespeare ausdrücklich fette Männer um sich herum, von denen er sich weniger Argwohn verspricht. Ein Schönling passt einfach nicht in die Nähe eines oder einer Mächtigen.
4. Das soziale Plus, ein Mann zu sein, wiegt indes weit weniger als die Bevorzugung einer schönen Frau auf allen Ebenen der Gesellschaft. Ob sie will oder nicht, wird eine schöne Frau in ihrer Jugend weniger auf ein Leben in Arbeit vorbereitet als eine andere. Die schöne Frau lernt bald, dass sie Ansprüche an die Welt stellen kann. Man sieht sie weniger in der Küche und bei der Gartenarbeit als die anderen.Sie kokettiert noch damit, dass sie ein Ei aufschlagen und Nudeln in Wasser kochen kann. Es versteht sich, dass sich ihr – abgestuft nach dem Umfang ihrer Schönheit -auch die attraktivsten und reichsten Mäner zu Füßen legen. Jeder verliebte Mann tut daher recht daran, bei seiner besonders schönen Angebetenen darauf zu achten, wie stark ihr gutes Aussehen ihr Sozialverhalten und ihre Leistungsbereitschaft geprägt (oder gemindert) haben.